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Dino Crisis

Publisher: Capcom
Entwicklerstudio: Capcom
Genre: Horror
Sub-Genre: Survival Horror
Art: Retrogame
Erscheinungsdatum: 29.10.1999
USK 16

Dino Crisis   07.08.2016 von LorD Avenger

Die Militärspezialeinheit rundum Protagonistin Regina wird auf Ibis Island abgesetzt, um den Energieforscher Dr. Kirk zu finden, der angeblich mitsamt 150 seiner Mitarbeiter in der versteckten Forschungseinrichtung ums Leben gekommen ist. Der wahre Grund ist aber das Regierungsinteresse an Kirks Erfindung, der "Dritten Energie". Regina und ihr Team konnten ja nicht ahnen, was besagte Energie für Folgen haben würde...

 

Jahrelang war ich nun auf einer kostspieligen Expedition durch meine Kindheit, jagte Erinnerungen hinterher, wollte alles haben, das mir bekannt vorkam und auch das, von dem ich schon Gutes hörte. Vielleicht keine akkurate Aussage, da sie weder meine Lieblingsspiele beherbergt und ich auch nicht die meiste Spielzeit auf ihr verbuchen kann, aber es geht um meine deklarierte Lieblingskonsole aller Zeiten. Die PlayStation 1 war die erste richtige Konsole in meinem Besitz und ich liebte sie so sehr, dass diese unerreichten Emotionen bis heute hochkochen, wenn ich den klumpigen grauen Kasten sehe oder die schicken, schwarzen CD-Hüllen mit Kultcharakteren darauf wie Crash Bandicoot, Spyro und Co.

 

Vor einer Weile war es mir dann aber endlich zu doof, die über 100 Retrogames nur gesammelt zu haben, ich wollte sie erleben. Gut gehütete aber dennoch verblasste Erinnerungen auffrischen, Abenteuer selbst erleben, bei denen ich zuvor nur Zuschauer war und Erfahrungen mit den Spielen machen, von denen Fans seit Jahrzehnten begeistert sprechen. Es war Zeit. Aber womit sollte ich beginnen? Mein liebstes und meist durchgespieltes Game dieser Konsole, Tombi! ? Nein - wenn es ein PS1-Spiel gibt, bei dem ich keine Auffrischung benötige, dann ist es das. Resident Evil? Nein - technisch und grafisch schlecht gealtert und mit den neu aufgelegten Versionen für GameCube, Wii oder sogar PS4 so greifbar? Silent Hill dann vielleicht? Nein - das komplette Let's Play, das ich mir davon angesehen habe, ist noch relativ frisch in meinen Hirnlappen verwurzelt. Aber da war doch noch ein Franchise, das auf der Survival Horror-Welle mitgeritten ist... was war es doch noch... oh, richtig. Dino Crisis. Ja.

 

Tatsächlich ein Spiel, mit dem ich keine anderen Erinnerungen teile als die heiße rothaarige Protagonistin in ihrem geradezu lächerlich freizügigem Militäroutfit. Eine Geschichte, die ich noch nicht kannte, Überraschungen, die noch auf mich warteten und die Neugier, ob ein so altes Horrorspiel noch Wirkung zeigen würde.

 

Dino Crisis erschien 1999 in Deutschland, 3 Jahre nach dem geistigen Nachfolger von Genre-Vater Resident Evil - bzw. vom wahren Genre-Vater beider Games: Shinji Mikami. Dieser zeitliche Abstand ermöglichte es den Entwicklern auf einen großen Schatz an Erfahrung zurückzugreifen und Dino Crisis technisch besser zu machen. Die vorgerenderten, starren Hintergründe von Resident Evil wurden gegen Hintergründe ersetzt, die in Echtzeit berechnet wurden, dafür allerdings auch an Details einbüßten. Beispielsweise stieß man so auch an die Hardwaregrenzen und musste beispielsweise auf Dschungel-Umgebungen verzichten. Alles in allem konnte das Detailniveau aber deutlich hochgefahren werden, speziell hinsichtlich der Charaktere und ganz besonders in Bezug auf die Dinosaurier, die mit viel Sorgfalt entworfen wurden und eine für die Zeit ausgesprochen clevere KI (Künstliche Intelligenz) bieten. Für Erfinder Mikami allerdings dennoch nicht clever genug, der größere Ambitionen hatte, die nicht verwirklicht werden konnten. 

 

Diese Ambitionen beschränkten sich leider aber nur auf die technische Komponente, denn wie auch bei Resident Evil haben wir hier eine sehr dünne Story mit unglaublich dummen Dialogen, die noch dazu unfreiwillig komisch im Englischen synchronisiert wurden. Gleich zu Beginn findet man eine zerfetzte Leiche und Regina kommentiert das mit "Disgusting" (= widerlich), allerdings in einer Tonlage, als wäre sie auf einen Topf voll Süßigkeiten gestoßen. Äußerst belustigend, aber will ein Horror-Spiel das sein? Übrigens haben wir es hier per Definition nicht mit Survival Horror, sondern mit Panic Horror zu tun. Die schnelleren, cleveren Dinosaurier, die einem auch in andere Räume folgen können, sind eine völlig andere Bedrohung als schlurfende Zombies und gerade wenn die schlauen Raptoren einen im Team einkesseln, geht es zwar zweifelsohne ums Überleben, Panik ist aber schon die vordergründigste Empfindung, die in einem aufkommt. Das hält sich aber sehr in Grenzen, da man meist tatsächlich nur auf einzelne Dinosaurier trifft und diese meist Raptoren sind in den hell beleuchteten Gängen und Räumen der Forschungseinrichtung. Umso panikauslösender dann aber, wenn tatsächlich mal etwas buchstäblich aus der Reihe springt. Nichts desto trotz gibt es viele Parallelen zu Resident Evil und nicht nur erkennt man vieles wieder, man sieht auch vieles voraus. Wer sich an die Zombiehunde erinnert, die durch die verdächtigen Fenster im langen Flur springen, der wird lange Flure mit vielen Fenstern zurecht noch misstrauischer betrachten.

 

Weitere Parallele: Rätsel. Anders als in heutigen actionlastigen Spielen trifft man eher selten auf Gegner, hat ohnehin wenig Munition und verbringt die meiste Spielzeit eigentlich damit, mehr oder minder ziellos durch den Gebäudekomplex hin- und herzustiefeln und Rätsel zu lösen. Anders als in Resident Evil sind Letztere hier aber deutlich unkreativer und nerviger. Wenn ich mich an das Gemälde-Rätsel zurückerinnere mit den drohenden Raben über dem eigenen Kopf oder das Öffnen geheimer Verstecke durch Klavierspielen... das hatte deutlich mehr Charakter als ziemlich bescheuerte Minispiele auf Computer-Terminals, die meistens auf stures, ermüdendes Herumprobieren hinausliefen. Zugegeben, das passte auch besser in das Herrenhaus eines exzentrischen, gestörten Milliardärs, dennoch hätte etwas mehr Variation und Kreativität gut getan. Es ist ja ohnehin schade, dass man aus technischen Gründen auf die typische Dinosaurierumgebung (Dschungel) verzichten musste und sich in immergleichen, kalten Forschungsgängen und -räumen herumtreibt, die noch dazu hell beleuchtet sind und auch hier deutlich den Kürzeren gegen das wesentlich atmosphärische Resident Evil zieht. Ob das dort auch so war, weiß ich zwar nicht mehr, aber es war auch relativ lästig, dass man Dino Crisis quasi durchgängig mit Block und Stift spielen musste. Es gibt so viele Dokumente und Notizen zu lesen und gefühlt jedes davon enthält einen Zahlencode, den man irgendwo anders braucht und im Idealfall bis dahin behalten und dann auch noch richtig zuordnen sollte. Ich bin an dieser Stelle ehrlich: Das war mir gerade zum Ende hin so lästig, dass ich aus der Walkthrough-Arbeit von anderen profitierte. In der zweiten Hälfte zeigt einem die Karte auch nicht mehr wirklich ein Ziel an, sodass man ohnehin sucht wie blöde - gerade, weil auch absolut nicht zu erkennen ist, womit man im Hintergrund agieren kann und sollte.

 

Bildergalerie von Dino Crisis (5 Bilder)

Abgesehen von den oben genannten Abzügen in der Horror-Note gibt es noch einen frei wählbaren Schwierigkeitsgrad. Ich Schisser habe natürlich den einfachsten genommen, wodurch ich sehr viele eigentlich verheerende Dinobisse überlebt habe. Eigentlich wäre das aber gar nicht nötig gewesen, denn anders als die limitierten Speicherschreibmaschinen im geistigen Vorgänger, für die man die noch limitierteren Tintenpatronen benötigte, sind die Dinos sehr human. Stirbt Regina startet sie mithilfe eines von insgesamt fünf Continues im selben Raum aufs Neue und auch, wenn diese aufgebraucht sind, startet man im letzten Speicherraum. Dort benötigt man keine Items zum Zugriff auf die Memory Card, wird man doch bequemerweise jedes Mal beim Verlassen gefragt, ob man speichern möchte. Klar, das nimmt einiges an Panik und lässt den Spieler weniger vorsichtig handeln, schont aber auch die Nerven, da man nie viel wiederholen muss. Und bevor ich mich noch wiederhole, komme ich lieber zum Fazit...


Das Fazit von: LorD Avenger

 LorD Avenger

Wie gehabt, über die Story müssen wir nicht reden und gefühlt hat auch keiner der Charaktere eine Hintergrundgeschichte oder irgendwelche Sympathieaufhänger. Die Grafik ist besser als im geistigen Vorgänger Resident Evil, allerdings auch auf Kosten von vielen wünschenswerten Details und Atmosphäremöglichkeiten - hier ziehen die Dinos den deutlich Kürzeren, auch wenn sie selbst schneller und cleverer sind als die Zombies (einfach an ihnen vorbei rennen kann man häufig trotzdem noch). Dino Crisis ist kein schlechtes und kein langweiliges Spiel und hat sicherlich einige coole Szenen, gerade im Hinblick auf den T-Rex, es mangelt ihm aber an Abwechslung und Einzigartigkeit und nervt gerade moderne Spieler besonders zum Ende hin mit Ziellosigkeit sowie viel zu vielen Schlüsseln, Codes und Rumprobierrätseln. 


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positiv negativ
  • Gute Grafik - für PS1-Verhältnisse
  • Flüssiges, gut gealtertes Gameplay
  • Ordentliche Spieldauer von über 6-7 Stunden (selbst mit Komplettlösung in verzweifelten Notlagen)
  • Variation an Waffen, alle mit Upgrade-Optionen (Pistole, Pumpgun, Granatwerfer...)
  • Kombinationmöglichkeit der meisten Items (Heilung, Munition...)
  • Mehrere Entscheidungsmöglichkeiten während der Story (meist entweder Action oder Sammeln/Suchen), die zu einem von drei verschiedenen Enden führen
  • dünne Story ohne Charakterentwicklung
  • 3D-Engine mit Echtzeitumgebung ermöglicht cinematischere Szenen, verschlingt aber zu viel Hardware-Kapazität - dadurch z.B. Verzicht auf Dschungelumgebung
  • Unkreative und repetitive Rätsel
  • Viel zu viele Schlüsselkarten und Zahlencodes - hier war die Notizsektion im Booklet das vielleicht erste Mal von Nutzen





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