Nioh
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BEWERTUNG |
16.02.2017 von Beef Supreme„Souls Like“-Games sind ja inzwischen hart im Trend und es gehört fast schon zum guten Ton, sich das Prädikat „extra hart“ auf die Software zu klatschen. Manchmal kommt auch was Anständiges bei rum, siehe Salt and Sanctuary oder Lords of the Fallen. Nioh schlägt sehr stark in die gleiche Kerbe und böse Zungen könnten behaupten, dass sich Team Ninja vielleicht etwas zu sehr von From Software hat inspirieren lassen. Kann der PS4-exklusive Titel sich ausreichend abheben? Und, was noch wichtiger ist, macht er denn überhaupt Spaß?
Der Einstieg findet im Tower of London im 18. Jahrhundert statt. Gefangen und halbnackt muss sich Euro-Samurai William erstmal um seinen Ausbruch kümmern. Ein paar tote Wachen später, deren Ableben dazu dient, dem Spieler Anvisieren und das grundlegende Kampfsystem beizubringen, ist man auch schon dem Gefängnistrakt entkommen. Als netter Nebeneffekt lassen sie auch ein paar Ausrüstungsgegenstände liegen, die William zu seinem ersten Outfit verhelfen. Mit einer Kombination aus leichten und schweren Schlägen metzelt man sich durch erste menschliche Gegnerhorden, nur um dann letztendlich von einem Dämon die Fresse voll zu kriegen. Erst danach geht’s zur Charaktererstellung, bei der man Werte vergibt, sich seine Startwaffen aussucht und einen Schutzgeist festlegt. Ist alles zur eigenen Zufriedenheit, darf William endlich seinen Kopf aus dem Dreck des japanischen Strandes nehmen, an dem er auf einmal liegt.
Im Gegensatz zur Souls-Reihe folgt man in Nioh einem mehr oder minder festen Pfad, auf dem man verschiedene Missionen auf einer Weltkarte annimmt. Nach und nach schaltet man neue Haupt- und Nebenmissionen frei, die William in unabhängige Areale führt, die erst nach Abschluss der jeweiligen Mission verlassen werden kann. Meist enden diese Missionen mit einem Kampf gegen einen Boss, die durchaus herausfordernd sind. Hier orientiert sich Team Ninja wieder stärker am Vorbild, denn die Boss Fights haben es in sich. Ehrgeiz und Frust werden sich auch bei Nioh öfter mal die Klinke in die Hand geben. Außerhalb der Missionen wird die Story um die Yokai, Dämonenwesen die Japan heimsuchen und aus dem Schlechten der Menschen geboren und genährt werden, und einem Krieg zwischen zwei großen japanischen Dynastien, der den Yokai Kraft liefert, erzählt. William findet sich inmitten des Konflikts der Dynastien sowie Mensch gegen Yokai wieder und ist als einer der Wenigen imstande, sich erfolgreich gegen die Yokai zur Wehr zu setzen. Und ist man nicht gerade mit Lesen beschäftigt, kann man auch in der Basis vorbeischauen. Dort lassen sich im Kampf verdiente Punkte namens Amrita, ähnlich der Seelen aus der Souls-Reihe, für Level Ups ausgeben oder Gold in der Schmiede liegen lassen.
Die Schmiede bietet vieles, um Williams Leben im dämonenverseuchten Hinterland Japans zu erleichtern. Es lassen sich Waffen und Rüstungen schmieden, was aber kaum nötig sein wird, da man auf seinen Missionen von Ausrüstungsgegenständen erschlagen wird. Daneben kann Equipment gekauft und verkauft werden oder, und hier kommen wir zum interessantesten Feature der Schmiede, über die Soul Forge lässt sich das Level der gefundenen Ausrüstung anpassen. Jede Waffe oder Rüstung verliert mit fortschreitendem Levelfortschritt irgendwann ihre Nützlichkeit, egal wie geil die Begleiteffekte sind. In der Soul Forge lässt sich das Level der Ausrüstung anheben, um auch weiterhin ordentlich Dämonen zu zerfetzen. Hat man also einmal die Waffe der Wahl gefunden wird sie nicht nach ein paar Levels schon wieder obsolet sondern kann prinzipiell das gesamte Spiel über genutzt werden, vorausgesetzt man hat genügend Cash und Rohstoffe für die Levelanpassung. Die Vertrautheit mit der Waffe, ein Wert der sich bei jeder einzelnen Waffe durch ihren Einsatz steigert und den Schaden der Waffe erhöht, geht zwar bei jeder Anpassung flöten, doch zwei Leichenberge später ist die auch wieder zurückerlangt und der neu geschmiedete Stahl ist schärfer als je zuvor. Höchst komfortabel, auch wenn dadurch die mannigfaltigen Waffendrops fast schon überflüssig werden, sobald man seine Lieblingswaffe gefunden hat.
Das Herzstück von Nioh sind ganz klar die Kämpfe und hier merkt man, dass Leute vom Fach am Werk waren. Team Ninja versteht es, knackige Nahkampfaction zu inszenieren und diese gleichzeitig anspruchsvoll und dennoch flüssig zu gestalten. 3 Kampfhaltungen stehen dem Samurai-Aspiranten zur Verfügung, jeweils eine für harte, langsame Angriffe, mittelschnelle Flächenattacken und Riposten sowie leichte schnelle Schläge. Der Wechsel zwischen den Haltungen geht schnell flüssig über R1 von der Hand und ist auch im Kampf nicht nur möglich sondern auch notwendig. Schnelles Ausweichen, in den Rücken des Gegners, ordentliches Brett ins Kreuz, auf Distanz gehen und ein paar Flächenangriffe, falls man sich doch mal mit mehreren Feinden angelegt haben sollte. Die Kämpfe laufen überaus dynamisch und machen richtig Laune. Schnell wird man feststellen, dass die R1-Taste Williams bester Freund ist, da über sie fast alles läuft. Nicht nur wechselt man über sie die Kampfstile, sondern auch Waffen, von denen man jeweils 2 Nah- und 2-Fernkampfwaffen gleichzeitig mit sich führen kann, die sich William auch immer schick übers Kreuz drapiert, sodass man seine aktuelle Ausrüstung direkt am Charakter bewundern kann. Am wichtigsten ist allerdings die Wiederherstellung von Ausdauer, hier Ki getauft. Jeder Angriff kostet Ki, das aber bei einem gut getimten Druck auf R1 sofort wiederhergestellt wird und somit bedeutend längere Kampfaktionen ermöglicht. Für graziöse Kampfhandlungen müssen also nicht nur die Finger übers Pad, sondern auch die Augen über den Bildschirm fliegen, über mangelnden Anspruch kann man sich nicht beschweren.
Nur unterschätzen sollte man seine Gegner nie, denn landen die einen Treffer zehrt das empfindlich an der immerzu mageren Lebensleiste. Und hier merkt man wieder das Erbe der Souls-Reihe, denn jeder dahergelaufene Fußsoldat sollte ernst genommen werden, da Ungeduld oder Unaufmerksamkeit schnell und hart bestraft werden. Begeht man dann den Fehler, eine ganze Gruppe aufzustacheln, sieht’s ganz schnell düster aus. William wird sehr häufig die Radieschen von unten betrachten, aber das ist kein Problem, man erwacht am Schrein an dem man zuletzt gerastet hat, mit vollem Leben und leerem Amrita-Konto. Wie die Seelen bei den Souls-Titeln finden sich die Amrita-Punkte an der Stelle des letzten Ablebens und können aufgesammelt werden. Stirbt man zuvor erneut, sind die Punkte weg, für Kenner also die bekannten Frustmomente. Neu ist allerdings der eingangs erwähnte Schutzgeist, der die Seelen nach Williams Tod bewacht. Die eigentliche Funktion des Schutzgeistes gibt William kurzzeitige Unsterblichkeit und erhöhte Angriffsstärke. Solange der Schutzgeist aber an hinterlassener Amrita-Pfütze parkt ist dies nicht möglich, sodass es gleich aus mehreren Gründen ratsam ist, den Ort des letzten Ins-Gras-Beißens aufzusuchen.
Niohs Technik bietet auch nur sehr wenig Grund zur Meckerei, im Gegenteil. Zu Anfang fällt nämlich auf, dass man die Wahl zwischen konstanter Frame-Rate mit variabler Auflösung, variabler framerate mit konstant hoher Auflösung oder einer Mischung aus beidem hat, sodass jeder seine persönlichen Präferenzen festlegen kann. Unabhängig von der Wahl sieht Nioh ziemlich gut aus. Nicht Uncharted 4-gut, aber dennoch sehr ansehnlich und atmosphärisch. Grafisch gibt sich Nioh keine Blöße und kann durch abwechslungsreiches Landschafts- und Gegnerdesign überzeugen, das zwar nie so richtig an die Kreativität des Vorbilds reicht, aber dennoch einen sehr guten Gesamteindruck hinterlässt.
Auch klanglich gibt sich das Spiel stimmig. Angepasst an Stimmung und Spielsituation erklingen stets passende Töne, die atmosphärisch sehr gut zu Zeit und Setting passen. Von orchestral-episch bis düster-bedrohlich ist alles dabei, leider wird der Score etwas überreizt und es schleicht sich irgendwann ein Abnutzungseffekt ein. Die englische Sprachausgabe überzeugt, wurde aber nicht konsequent implementiert. Die Missionsbeschreibungen vor Beginn sind schlichte, unvertonte Texttafeln, was etwas lieblos wirkt.
Abschließend sollen noch die erfrischend kurzen Ladezeiten gelobt werden. Der Wiedereinstieg nach einem der unzähligen Tode geht erfreulich schnell. Das Fazit von: Beef Supreme
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