Port Royale 3
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BEWERTUNG |
31.08.2012 von GloansBunnyShooter-, Action- und Rollenspiele überfluten den Markt der aktuellen Konsolengenerationen zuhauf. Wenn es nicht knallt und scheppert, kann es kein Hit werden, so scheint es. Doch jetzt zeigt sich ein Lichtblick am Horizont: Port Royale 3! Endlich eine spaßige Wirtschaftssimulation voller Taktik oder inflationäre Gamepad-Krise? Die Sofahelden begeben sich auf eine karibische Zeitreise ...
Wie schön war doch die Zeit, damals, als es noch Windows 95, CD-ROM und die D-Mark gab. Wochenlang wussten Aufbaustrategiespiele wie Anno 1602 und Age of Empires PC-Spieler zu unterhalten. Da wurde besiedelt, gebaut und erwirtschaftet, gehandelt und erobert, bis der Röhrenmonitor an Hitzestau versagte. Aber Zeiten ändern sich ja bekanntlich, und mit ihnen auch die Geschmäcker der Videospieler. High-End-Shooter und bildgewaltige Actionspiele verwiesen Strategieperlen wie Pirates! auf die unteren Plätze der Verkaufscharts, was wiederum ein großes Loch im Wirtschaftssimulationssegment hinterließ, vor allem bei den Konsolen. Nach langer Wartezeit jedoch erblickte ein Spiel namens Tropico 4 das Licht der XBox 360-Welt, und Strategen schöpften wieder Hoffnung. Handeln, bauen und sparen war endlich auch wieder auf der heimischen Konsole möglich, wenngleich das Feilschen um Waren und Güter in Tropico 4 auch eher nebensächlich war. Aber nicht verzagen, liebe Genrefreunde! Kalypso Media und Gaming Minds Studio öffnen nun die Tore in eine karibische Welt. Port Royale 3, ahoi! Auf geht's zu Reichtum, Warenumsatz und Handelsgeschick im 16. Jahrhundert!
Die Steuerung: Es geht auch ohne Maus und Tastatur!
Grafik und Design: Land in Sicht! Und dazwischen mehr Meer ...
Sound und Atmosphäre: Sonne, Rum und Meeresrauschen, por favor ... Port Royale 3 stammt aus der Feder des deutschen Entwicklerstudios Kalypso, die sich mit Tropico 4 bereits im Wirtschaftssimulationsgenre einen Namen gemacht haben. Dieses konnte vor allem durch die liebevolle, fehlerfreie Vertonung viele Pluspunkte einheimsen und Port Royale 3 greift auf selbige Kunst zurück. Karibische Musikstücke erzeugen ein warmes Strandfeeling, während diverse Auftraggeber gekonnt ihre Wünsche äußern. Handelsattaché Pedro de Vega beispielsweise brennt sich mit seinem sympathischen sprachlichem Mix aus Spanisch und Deutsch humorvoll in das Hörzentrum ein und erörtert ganz nebenbei die spielerischen Grundlagen von Port Royale 3. Der Storyteller hingegen überzeugt mit hingebungsvoller Märchenonkel-Stimme, während die Geschichte mit wunderschönen Ölmalereien visuell dargestellt wird. Die Mischung aus moderner Grafik, antik anmutenden Bewegtbildern und glasklarer, abwechslungsreicher Sprachausgabe erzeugt eine ganz eigene, genretypische Atmosphäre. Selbst mitten im noch so hektischen Handelstreiben gelingt es den Entwicklern, dem Spieler allein durch die Soundkulisse wieder eine gewisse innere Ruhe zu vermitteln.
Zu dieser Ruhe tragen natürlich auch die kleinen, aber feinen Umgebungsgeräusche ihren nicht unerheblichen Teil bei. Meeresrauschen, Möwengekreische und Blätterrauschen transportieren Urlaubsflair, der nur durch gelegentliche Seeschlachten unterbrochen wird. Treffen zwei bewaffnete Schiffsverbände aufeinander, knallt und scheppert es nicht unerheblich aus allen Rohren. Wer also fürchtet, es sei alles nur eitel Sonnenschein, der irrt. Deftige Kanonenschläge, Säbelrasseln und hektische Befehle an Deck sorgen für Abwechslung im Kapitänsalltag. Kalypso versteht ihr Handwerk. Sound, Sprachausgabe und Musikstücke verbinden sich zu einer akustischen Karibik-Urlaubskomposition und unterhalten von Anfang bis Ende. Sehr gut!
Gameplay und Umfang: Meins, meins, meins ... Wie, auch deins?!
Die Rahmenhandlung von Port Royale 3 bildet der Schiffbruch der eigenen Spielfigur, die von einem spanischen Händler namens Pedro de Vega gerettet und zum Seefahrer auserkoren wird. De Vega stellt dem Spieler zu Beginn des Abenteuers einige Schiffe, Güter und Säcke voller Gold zur Verfügung und erörtert in einem halbstündigen Tutorial Steuerung, Handelsrouten und Kampfverlauf.
Sind die Grundlagen verinnerlicht, geht es ans Eingemachte. Hauptziel von Port Royale 3 ist, vom kleinen Seefahrer zur größten Handelsmacht aufzusteigen. Die komplexe Spielmechanik basiert auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. 20 Rohstoffe unterschiedlicher Art werden in bis zu 60 großen und kleinen Städten und Inseln produziert. Da aber nur fünf Güter pro Umschlagplatz zur Verfügung stehen, müssen die restlichen Waren von anderen Handelsposten angekauft werden. Was zunächst einfach klingt, erweist sich schon bald als knifflige Herausforderung. Um die ortsansässige Bevölkerung samt vorherrschender Regierung milde zu stimmen, ist taktisches und durchdachtes Handeln gefordert. Während beispielsweise im heimischen Hafen Holz, Rum und Werkzeuge in rauen Mengen hergestellt, werden eben diese Güter in einer anderen Stadt dringend benötigt. Folglich können diese Materialien an dem einen Hafen günstig erworben und anderenorts für horrende Preise wieder verkauft werden. Doch Vorsicht ist geboten, denn dank Echtzeitberechnungen und tiefgründiger Warenwirtschaft bleiben auch Inflation und Ramschkäufe nicht aus. Wohl dem, der die umfangreiche Karibikwelt mit geschulten Händleraugen sieht. Zur Orientierung am Warenmarkt dienen kleine Symbole, die das jeweils nachgefragte Produkt anzeigen. So weiß man stets genau, wo welches Gut zum bestmöglichen Preis verkauft oder eingekauft werden kann. Automatisierte Handelsrouten, Lagerhäuser und Stadtverwalter unterstützen den Spieler verlässlich in jeder noch so großen Wirtschaftskrise. Dies wiederum verschafft Zeit, um die eigene Flotte zu erweitern und deren Kampfkraft zu steigern. Nützlich, denn auch Piratenangriffe und Seegefechte gilt es gelegentlich zu überstehen. Letztere können wahlweise von der intelligenten KI oder vom Spieler selbst ausgefochten werden. Gemeinsam mit der übersichtlichen und intuitiven Steuerung sorgt das Gameplay für einen immensen Suchtfaktor.
Wem Handeln und Seegefechte auf die Dauer zu eintönig sein sollten, dem stehen zahlreiche Nebenmissionen zur Verfügung. In Kneipen und Märkten bitten Piraten, Jungfern und Bauern um Hilfe. Schätze bergen, Saufkumpane aufstöbern, Piratennester ausheben ... Das Angebot an solchen Kurzquests ist gewaltig. Doch auch bei diesen Aufgaben gilt, wie auch im Hauptspiel selbst: Zeit ist Geld, und beides steht nur begrenzt zur Verfügung. Das Zeitfenster ist meist relativ eng gesteckt, aber dennoch gut zu absolvieren. Der Schwierigkeitsgrad steigt zwar mit fortschreitendem Spielverlauf deutlich an, das Balancing erweist sich aber dennoch als fair und ausgeglichen.
Die zwei Kampagnentypen "Händler" und "Abenteurer" sorgen für Langzeitmotivation. Im Händlermodus stehen wirtschaftliches Handeln, Diplomatie und Infrastruktur im Vordergrund, während Abenteurer primär Seegefechte bestreiten und neue Inseln erkunden. In beiden Modi dürfen originalgetreue Schiffstypen nach Belieben aufgerüstet, verbessert und erweitert werden, das dieser unterhaltsamen Wirtschaftssimulation eine Prise Militärtaktik verleiht. Sind beide Kampagnen beendet, sämtliche Handelspartner befriedigt und jedes noch so winzige Atoll entdeckt, darf sich hemmungslos im freien Endlosspiel ausgetobt werden. Einziger Kritikpunkt: Port Royale 3 ist ein reines Solospiel. Auch, wenn diese Simulationsschönheit unheimlich lange zu unterhalten weiß, wäre ein Multiplayerscharmützel auch spaßig gewesen. Nach etwa 25 Stunden Einzelspielererlebnis giert man doch einmal nach menschlichen Gegnern und Handelspartnern. Aber dafür gibt es ja Shooter- und Action Games ... Das Fazit von: GloansBunny
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