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Uprising 44 - Kampf um Warschau

Publisher: Immanitas Entertainment GmbH
Entwicklerstudio: DMD Enterprise
Genre: Action/Strategie
Sub-Genre: 3rd-Person-Action/ Realtime Strategie
Art: Midprice
Erscheinungsdatum: 20.03.2013
USK 16

Uprising 44 - Kampf um Warschau   28.04.2013 von Beef Supreme

„Oooh schon wieder Nazis verkloppen…“ könnte einem in den Sinn kommen, wenn man Uprising 44 erblickt. Der Hype um WW2-Shooter ist zwar mittlerweile abgeklungen und aktuellere Konfliktherde haben das Feld der Militärshooter erobert, aber dennoch hat sich seither geschichtlich wenig Neues ergeben. Trotzdem verfolgt Uprising 44 zumindest geschichtlich einen anderen Ansatz. Denn dieses Mal ist es nicht ein Amerikaner, der alle Schergen Hitlers umnietet und den Krieg quasi im Alleingang gewinnt. Der Schauplatz ist nämlich Warschau und man kämpft im polnischen Widerstand gegen die Besatzung der Nazis ...


Und arg viel mehr gibt es zur Story nicht mehr zu sagen. Ab dem ersten August 1944 erhob sich die Heimatarmee Polens 63 Tage lang gegen die deutschen Besatzer. Man übernimmt dabei die Rolle eines polnischen Captains, der an verschiedenen Schauplätzen in Warschau das Heft und die MP40 in die Hand nimmt. Im Endeffekt haben die Aufständler so richtig den Frack voll bekommen und in Folge dessen auch die Todesurteile großer Teile der Zivilbevölkerung unterschrieben, sowie die Vernichtung Warschaus angezettelt. Dies wird aber nicht direkt im Spiel thematisiert. Das Spiel versteht sich zwar als interaktiver Geschichtsunterricht, liefert aber dafür erstaunlich wenig Hintergrundinfos zu den Ereignissen der damaligen Zeit. Wie dem auch sei, nicht nur Selbstreflektion ist ein Problem von Uprising 44.


Man startet im ersten von sechs recht kurzen Abschnitten in einem zerbombten Gebäude in einem unbekannten Teil Warschaus. Die Nazis lassen’s mal wieder so richtig krachen und ihr müsst schauen, dass ihr aus der zusammenbrechenden Hütte raus kommt. Hier nimmt sich das Spiel die Zeit, ein kleines Tutorial einzuflechten und man wird mit der grundlegenden Steuerung vertraut gemacht. Diese ist genauso komplex wie präzise. Nämlich überhaupt nicht. Schon der erste Feind stellt eine echte Herausforderung dar. Nicht etwa weil er doof wie geschnitten Weißbrot neben der Deckung parkt und Magazin um Magazin in den Putz drischt, nein! Sondern weil die Maussteuerung so exorbitant schwammig ist, dass es sogar ein Problem darstellt, überhaupt den Planeten zu treffen. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dass sich der Protagonist den Vodka wohl mit einer Pferdespritze injiziert, trifft man zwar irgendwas, aber gezielte Schüsse sind nicht drin. Macht aber nix, denn auch die Gegner haben sich wohl zu viel Obstler eingepfiffen.


Sollten diese wider Erwarten mal in die richtige Richtung schielen, gibt es immer noch ein Deckungssystem. Darin sollte man aber nicht zu viel Vertrauen setzen. Aber nicht etwa, weil sie zerstört werden könnten, Gott bewahre, polnische Obstkisten sind für die Ewigkeit gebaut worden. Nein, unser strahlender Held sieht es entweder nicht ein, sich dahinter zu knien, oder, wenn man ihn dazu brachte, steht er einfach wieder auf, wenn ihm die Knie weh tun. Ob er sich damit in deutschen Kugelhagel stellt, ist ihm dabei egal. Frustrierend. Ansonsten funktioniert eigentlich alles recht gut. Geradeaus laufen und sogar etwas Sprinten ist drin. Doch sollte man nicht mit Ecken kollidieren, da wieder raus zu kommen kann dauern. Ach, es sei noch angemerkt, dass man die Tastenbelegung weder einsehen noch ändern kann. Wer im Tutorial nicht aufpasst, ist auf sich gestellt. Ja, Krieg ist auch kein Ponyhof.


Nun denn, wenn man sich nicht gerade in generischen und immer gleich aussehenden Gebäuden befindet, torkelt man durch ebenso generisches offenes Gelände, das gleichermaßen vom Krieg gezeichnet wurde. Wenig abwechslungsreich zwar, aber dennoch halbwegs überzeugend zu Klump geschossen. Dabei stoßen im Laufe der Zeit bis zu drei Kumpels zum Protagonisten, denen man Befehle geben kann. Was aber eigentlich keinen Sinn macht, die hören eh nicht auf einen. Theoretisch könnte man ihnen also vorschlagen, auf Feinde zu schießen, in Deckung zu gehen und zu gewissen Punkten zu laufen. Hier schlägt aber die KI wieder voll zu. Ist ein Hindernis zwischen angewiesenem Kamerad und Ziel, pumpt er ganze Munitionslager in dieses Hindernis. Flankieren oder derartige taktische Wundermanöver beherrscht keine der beiden Seiten. Deckung suchen übrigens auch nicht. Eigentlich sind alle in Warschau befindlichen Kämpfer suizidgefährdet, stürzen sich doch alle todesmutig ins Feindfeuer.

 

Bildergalerie von Uprising 44 - Kampf um Warschau (10 Bilder)

Wenn man gerade nicht die störrischen Mitläufer herumscheucht, bekommt man das Kommando über ein paar weitere mutige Widerstandsrecken. Diese befehligt man dann echtzeitstrategisch und sie widersetzen sich zumindest nicht so oft direkten Befehlen. Dabei sind es aber ausschließlich Verteidigungsmissionen. Der Strategieaspekt beschränkt sich also darauf, Mannen in Deckung zu schicken und tumbe, anstürmende Nazis über den Haufen zu schießen. Keine Einheiten trainieren, kein Mikromanagement, keine Basis, nichts. Auch der vom Cover angepriesene One-Click-Wechsel mitten ins Kampfgeschehen ist nicht möglich. Wenigstens kann man sich wie ein wahrer Demagoge fühlen, wenn die kleine Schar Anhänger jeden Befehl unisono im Chor wiederholt. Wenn man sich nicht gerade verklickt und damit seine Kämpfer ins Verderben latschen lässt, sind diese Missionen weder eine strategische Herausforderung, noch spannend. Meist gilt es, Zeit abzuklicken, bis es weiter geht.


Hin und wieder kriecht man auch mal durch Kanalisationen, was eine absolute Tortur darstellt. Man sieht nämlich überhaupt gar nichts. Die kleine Funzel beleuchtet die eigenen Füße und die Grundhelligkeit ist so hoch wie in einem Schwarzen Loch. So irrt man ewig durch labyrinthische Gänge und hofft, irgendwann mal wieder das Tageslicht zu erblicken.


Ein weiteres Highlight ist die Stealth-Mission. Man muss dazu sagen, dass man sich weder manuell ducken, noch schleichen kann. So spaziert man also, ebenfalls bei Nacht und fast vollkommen blind, durch ein Feindeslager voller Nazis und soll irgendwas hochjagen. Die einzige Orientierung ist der Missionsmarker. Keine Karte, keine Taschenlampe. Ein wahres Fest für Masochisten, denn man erhält auch keine schallgedämpften Waffen. Was macht man, wenn man entdeckt wird? Genau, rennen! Und das funktioniert auch noch! Rennt man an einem Feind vorbei, ist es weniger wahrscheinlich entdeckt zu werden, als wenn man an ihm vorbei geht. Sam Fisher hat die ganze Zeit den falschen Ansatz verfolgt! Dummer, dummer Sam!


Abseits von dem ganzen stumpfen Umhergestolpere und Durcheinandergeballere gibt es in Warschau leider überhaupt nichts zu entdecken. Gerade in einem Spiel, das sich anschickt, Historie etwas näher zu beleuchten, wäre es doch sinnvoll gewesen, kleinere Collectibles zu verstecken, die geschichtliche Abschnitte etwas detaillierter beleuchten. Zwar gibt es hin und wieder Einblendungen an bestimmten Stellen im Spiel, etwa an einem besonderen Platz oder an einem speziellen Gebäude, doch das ist weder viel, noch besonders motivierend. Hier wurde gerade ein bisschen mehr Wiederspielpotential verschenkt. Nicht dass Uprising 44 überhaupt einen Wiederspielwert besitzt. Ist man nach 4-5 Stunden durch, hat man alles gesehen.


Generell reißt Uprising 44 atmosphärisch keine Bäume aus. Hier und da wird zwar versucht, etwas Dramatik einzubauen, das gelingt aber nur an einer Stelle im gesamten Spiel. Und das ist auch die mit Abstand kitschigste. Abseits davon sind die Dialoge stumpf und die Inszenierung technisch unausgereift und zum Teil sogar lächerlich. In Zeitlupe fliegende Kugeln und Nahkämpfe passen einfach nicht rein. Und wenn man schon versucht, The Matrix zu kopieren, sollte man das auch umsetzen können.


Technisch gesehen kann man leider kaum ein gutes Haar an Uprising 44 lassen. Die Grafik erinnert an Mafia 1 und teilt sich die Engine mit Krachern wie Temple Run 2 und anderen Android/iOS-Spielen: schwammig, kantig, repetitiv und insgesamt einfach nicht zeitgemäß. Die Sounds passen hinten und vorne nicht, da hört sich ein Repetiergewehr an wie eine Pumpgun, und die Tommygun wie aufeinanderschlagendes Holz. Einzig der Score macht durchweg einen guten Eindruck. Sehr schöne Melodien begleiten ein sehr durchwachsenes Spiel. Die englische Sprachausgabe ist zwar akzeptabel, jedoch asynchron mit den deutschen Untertiteln, zum Teil lautstärkemäßig sehr schlecht abgemischt und manchmal bricht sie auch einfach ab. Generell muss man mit vielen technischen Macken rechnen.


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Nun ja, was soll ich sagen. Bis vor drei Tagen wusste ich nicht einmal von diesem Spiel, hatte also keine wirklichen Erwartungen. Es ist der erste Output der noch jungen polnischen Spieleschmiede DMD Enterprise und eigentlich liefern sie genau das, was man erwartet. Eine relativ gute Idee, verpackt in technisch unzureichendem Gewand. Man erkennt leider ständig die fehlende Erfahrung der Programmierer. Mir macht es keinen Spaß, den Erstgeborenen junger Entwickler zu verreißen, es bleibt mir aber wenig anderes übrig. Uprising 44 macht einfach kaum Spaß. Das Gameplay ist uninspiriert, verbuggt und ohne Highlights. Storytelling gibt es keins, obwohl echt Potential da gewesen wäre, aufgrund der Tatsache, dass diese Thematik bisher unbehandelt blieb. Leider ist Uprising 44 eine Ansammlung vertaner Chancen. Auch die Einstreuung von RTS-Elementen wirkt mehr als dilettantisch und aufgesetzt und endet in stumpfem Umhergeklicke mit gelegentlichem Blick zur Uhr. Einzig die dahinter stehende Idee, der niedrige Preis, der gute Score und die Bonusfeatures in Form eines Soundtracks und eines Artbooks bewahren Uprising 44 vor dem totalen Untergang. Es sei übrigens noch angemerkt, dass trotz Nazi-Thematik sich kein einziges Hakenkreuz im gesamten Spiel findet. Wie kommt das nur...


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positiv negativ
  • Schöner Score
  • Historischer Ansatz
  • Nette Bonusfeatures
  • Niedriger Preis
  • Erfreulich geringe DRM-Maßnahmen
  • Schwammige Maussteuerung
  • Saudumme KI
  • Steuerung nicht anpassbar
  • Stark veraltete Grafik
  • Untertitel asynchron zur Sprachausgabe
  • Ödes Leveldesign
  • Abschnitte in Dunkelheit viel zu dunkel
  • Schreckliche Stealthmission
  • Kaum funktionierendes Deckungssystem
  • RTS-Aspekt kaum ausgenutzt





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