Last Night in Soho

Last Night in Soho

Originaltitel: Last Night in Soho
Genre: Thriller • Drama • Horror • Mystery
Regie: Edgar Wright
Hauptdarsteller: Thomasin McKenzie • Anya Taylor-Joy
Laufzeit: DVD (112 Min) • BD (117 Min)
Label: Universal Pictures Home Entertainment
FSK 16

Last Night in Soho   25.01.2022 von MarS

Spätestens mit seinem perfekt choreografierten Actionthriller Baby Driver hat der Brite Edgar Wright bewiesen, dass er mehr kann, als gemeinsam mit Simon Pegg und Nick Frost Unsinn zu treiben. Nun stellt er mit Last Night in Soho erneut sein Können unter Beweis...

 

Inhalt

 

Nach dem Selbstmord ihrer Mutter ist Ellie (Thomasin McKenzie) bei ihrer Großmutter aufgewachsen, bei der sie die Kultur der Swinging Sixties zu lieben gelernt hat. Als die leidenschaftliche Schneiderin einen Studienplatz am London College of Fashion bekommt, geht für sie ein großer Traum in Erfüllung, doch als Mädchen vom Land findet Ellie nur schwer Anschluss an ihre auf Markennamen und Party eingestellten Kommilitonen. Sie entschließt sich, das Wohnheim zu verlassen, und findet schließlich bei der exzentrischen, aber liebenswürdigen Mrs. Collins (Diana Rigg) eine neue Unterkunft. Inspiriert vom Charme des alten Gebäudes reist Ellie in ihren Träumen zurück ins London der 60 Jahre, wo sie in die Rolle der aufstrebenden Sängerin Sandy (Anya Taylor-Joy) schlüpft. Doch je öfter sie Sandy in ihren Träumen begleitet, desto schwieriger wird es für Ellie, Traum und Realität zu unterscheiden. Als Sandys Leben sich schließlich durch den Einfluss ihres Managers Jack (Matt Smith) zusehends in einen Scherbenhaufen verwandelt, wird Ellie langsam klar, dass ihre Träume nur ein Spiegel der Vergangenheit sind...

 

SPOILERWARNUNG!

 

Um in den vollen Genuss von Last Night in Soho zu kommen, sollte man möglichst wenig über die Handlung und den Aufbau des Films wissen, und deshalb an dieser Stelle direkt zur Bewertung von Bild und Ton beziehungsweise dem Fazit springen. Ab hier ist Lesen auf eigene Gefahr...

 

Waren seine bisherigen Werke trotz großartigem handwerklichem Aufbau noch immer klar strukturiert und definiert, so sprengt Edgar Wright mit Last Night in Soho nun sämtliche Genregrenzen. Eine klare Struktur lässt sich aber dennoch erkennen, denn letztendlich ist die Erzählung nicht komplett genreübergreifend, sondern entwickelt sich im Verlauf stetig weiter, beziehungsweise wechselt in regelmäßigen Abständen das Genre, ohne anschließend ins vorherige zurückzukehren. Eben diese Wechsel machen Last Night in Soho zweifellos einzigartig und besonders, wirken jedoch nicht immer harmonisch in ihrer Gesamtheit. Zudem ist nicht jedes dieser Genre-Elemente gleichermaßen stark inszeniert, doch dazu später mehr...

 

Zunächst beginnt Last Night in Soho als wunderschön romantisiertes, charmantes Außenseiterdrama, wie man es schon oft gesehen hat, das aber dank hervorragender Inszenierung absolut mitreißend wirkt. Ein unscheinbares Mädchen vom Lande macht sich auf den Weg in die große Stadt, um dort ihren Traum zu verfolgen, wird aber von den Eindrücken regelrecht überwältigt, während ihre Mitstreiter sie argwöhnisch und abweisend behandeln. Dank bereits in dieser Anfangsphase wirklich starken darstellerischen Leistungen und einem perfekten Mix aus Bildsprache und Tongestaltung hätte alleine das einen ganzen Film füllen können, ohne langweilig zu werden. Was dann jedoch folgt, das ist die Flucht aus der Realität, hier in Form von Zeit- beziehungsweise Traumreisen. Und genau damit liefert Edgar Wright direkt das nächste große Highlight des Films, denn kaum ein anderer Streifen fängt die Swinging Sixties so gekonnt ein, wie es Last Night in Soho gelingt. Bildsprache, Soundtrack, Ausstattung, alles greift hier nahtlos und perfekt ineinander, und erzeugt ein wahrlich berauschendes Bild einer längst vergessenen Zeit. Eine Zeit, die der Hauptfigur auch im Hier und Jetzt Inspiration verleiht, neuen Mut verschafft und diese regelrecht aufblühen lässt.

 

Dass alles auch seine Schattenseiten hat, das muss jedoch nicht nur der Zuschauer bald erfahren, wenn die Erzählung nach einer Zeit der sich schleichend entwickelnden Dunkelheit plötzlich in einen beinahe surrealen Zustand übergeht, und das Geschehen mit der Verschmelzung von Traum und Realität zu einem waschechten Horrortrip wechselt. Schnell vergessen ist die Unbeschwertheit und die Freude, sich in der Rolle einer fremden Person wiederzufinden, denn ab diesem Zeitpunkt übernehmen Ängste und ein sich stetig verschlechternder Geisteszustand die Führung - ein Zustand, der sich unweigerlich auf den Zuschauer überträgt, und von den teils bizarren audio-visuellen Kompositionen Wrights noch drastisch intensiviert wird. Hier verschmelzen die verschiedenen Zeitebenen nicht nur erzählerisch miteinander, sondern werden auch durch ineinandergreifende Dialoge, einen sich überlagernden Soundtrack, sowie schemenhaft dargestellte Figuren verdeutlicht. In diesem Bereich zeigen sich jedoch erstmals kleinere Schwächen, denn sowohl die brachiale Reizüberflutung, als auch einige sehr klischeebehaftete Horror-Elemente, machen diesen Teil der Erzählung in einigen Momenten sehr anstrengend - wenngleich das Geschehen dennoch absolut spannend und fesselnd bleibt.

 

Was Last Night in Soho allerdings zum Finale noch in der Reserve hat, damit hätte man trotz des bis dahin bereits Erlebten nicht gerechnet, denn noch einmal wechselt Wright seinen Fokus, und liefert schließlich einen Finaltwist, den an dieser Stelle wohl niemand erwartet beziehungsweise vorhergesehen hat. 

 

Bildergalerie von Last Night in Soho (6 Bilder)

Details der Blu-ray

 

Wright verzichtet auf ein allzu klares und steriles Bild, was sich neben kleineren Fokussierungsunschärfen vor allem am klar erkennbaren Korn erkennen lässt. Dies kommt dem Look der Swinging Sixties zugute, wirkt in der Gegenwart aber an mancher Stelle etwas unsauber. Das Kontrastverhältnis ist ebenfalls etwas zurückhaltend, wodurch dunkle Bildbereiche gelegentlich einen leichten Graustich aufweisen, anstatt einen satten Schwarzwert zu liefern. Schärfe und Detailgrad bewegen sich dagegen durchwegs auf sehr hohem Niveau. Die minimalen Mängel beim Bild werden allerdings durch den brachialen Ton locker wieder ausgeglichen. Hier macht sich die Abmischung in Dolby Atmos zweifellos bemerkbar, denn das Geschehen ist nicht nur von einer hervorragenden Dynamik durchzogen, sondern liefert zudem auch eine Menge Druck sowie ein stetiges, atmosphärisch im Raum verteiltes Gesamtbild. Umgebungsgeräusche, Effekte, Sprachausgabe und Soundtrack, jedes Detail ist perfekt ortbar und/oder wird mit viel Kraft im gesamten Boxenspektrum wiedergegeben. 



Cover & Bilder © Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: MarS

MarS

Mit Last Night in Soho zwingt sich Edgar Wright keine Genregrenzen auf, sondern weiß gleich mehrere davon zu einer spannenden, fesselnden Einheit zu verbinden. Eine berauschende Komposition aus Bildsprache und Soundgestaltung macht den Film zu einem echten audio-visuellen Erlebnis, während die Erzählung ein ums andere Mal die Richtung wechselt, und den Zuschauer am Ende mit einem absolut überraschenden Finaltwist vom Hocker zu hauen. Nach Baby Driver ein weiterer großartig inszenierter Film von Edgar Wright, der im Gesamtbild lediglich ein paar wenige kleine Schwächen zu verbuchen hat, ansonsten aber ganz großes und beeindruckendes Kino bietet.


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