Leben in Reterra mit Mondaufgang

Leben in Reterra mit Mondaufgang

Genre: Plättchenlegespiel
Autor: Ken Gruhl, Eric M. Lang
Illustrator: Hugo Cuellar
Spieleverlag: Hasbro, Avalon Hill
Empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren
Spieldauer: ± 35 Minuten

Leben in Reterra mit Mondaufgang   23.12.2025 von 2-PL4Y3R5

Leben in Reterra ist Postapokalypse mal anders. Statt Dunkelheit, Krankheit, Dürre und Gewalt begegnet man einer farbenfrohen Welt, in der die überlebenden aus den Überbleibseln der Zivilisation Gebäude errichten. Nehmt euch die Zeit und schaut euch das Artwork auf den Gebäude-Plättchen genauer an. Da wäre eine Gärtnerei, offensichtlich aus einem alten U-Boot gefertigt, oder eine Farm, auf der Kühe über zwei Stockwerke verteilt sind. Ein großes Kompliment an den Illustrator. Ich kann mich an dem Artwork einfach nicht satt sehen. Aber ein Spiel ist mehr als die verwendete Kunst. Für diese Rezension haben wir uns Leben in Reterra mit der Mondaufgang Erweiterung nicht nur im Detail angeschaut, sondern auch ausgiebig getestet. Was wir von der Spielerfahrung halten, das verraten wir euch hier.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Das auffälligste an Leben in Reterra sind wohl die durchdachten Plastik-Trays für Gebäude-Plättchen und Gebäude-Karten, mit transparentem Deckel. Das Grundspiel kommt mit vier Trays, von denen drei für die drei Gebäude-Sets verwendet werden. In jeder Partie spielt man nur mit einem dieser Sets. Die Trays sind auf einem Crowdfunding Deluxe-Niveau, und es hat uns richtig überrascht so etwas in einem Retail Spiel mit einem UVP von 35 EUR vorzufinden. Die Erweiterung kommt mit zwei weiteren Gebäude-Sets, also zwei weiteren Trays. Abseits der Trays überzeugt das wirklich wunderschöne und einzigartige Artwork auf Karten und Gebäude-Plättchen. Und eines muss man den Entwicklern lassen: für jedes Gebäude-Set ein eigenes Set Gebäude-Plättchen mitzuliefern, das sich letztlich nur im Artwork unterscheidet, hätte spielmechanisch nicht sein gemusst. Aber wir haben es bekommen. Zu unserer Freude.

 

Schauen wir uns nun die Spielvorbereitung an. Leben in Reterra ist ein schnell gespieltes Spiel, dementsprechend sollte der Aufbau auch nicht lange dauern. Tut er auch nicht. Zentrale Spielkomponente sind die Landplättchen, mit denen man seine eigene Landschaft aufbaut. Jedes Landplättchen besteht aus vier Quadranten, die unterschiedliche Terrainfelder (Wald, Wüste, Beton, Wiese oder Wasser) zeigen können. Zuerst nimmt sich jeder Spieler eines der 4 Landplättchen mit dem Schriftzug „Leben in Reterra“. Das ist das Startplättchen, von dem aus ihr eure Landschaft erweitern werdet. Die übrigen Landplättchen werden gemischt und als verdeckte Nachziehstapel bereitgelegt. Fünf davon kommen in eine offene Auslage, von der aus Spieler im Spielverlauf Plättchen nehmen können. Außerdem erhält jeder Spieler drei Landplättchen verdeckt „auf die Hand“. Diese sind den anderen Spielern unbekannt, was die strategische Tiefe erhöht und die Glücksabhängigkeit aufgrund der sich verändernden Auslage reduziert.

 

Spielt ihr mit der Mondaufgang Erweiterung und habt ihr jetzt bereits die Landplättchen gemischt und verteilt, entschuldige ich mich. Kommando zurück. In diesem Fall müssen die Mondplättchen unter die Landplättchen gemischt werden. Mondplättchen, die beim Verteilen der drei Landplättchen pro Spieler oder bei Bildung der offenen Auslage aufgedeckt werden, kommen zurück in die Schachtel. Die Mondaufgang Erweiterung benötigt auch ihren eigenen Spielplan. Entscheidet euch für eine zufällige Mondereignistafel und legt sie in die Tischmitte. Hier landen im Spielverlauf aufgedeckte Mondplättchen.

 

Nun entscheidet man sich für ein Gebäude-Set, mit dem man spielen möchte. Jedes Gebäude-Set besteht aus fünf verschiedenen Gebäude-Plättchen, zwei davon in I-Form, zwei in L-Form und ein quadratisches, das größte. Die Gebäude-Plättchen platzieren die Spieler im Spielverlauf auf bereits platzierte Landschaftsplättchen; Puzzeln auf einer zweiten Ebene, quasi. Zu jedem Gebäude-Plättchen gibt es eine Karte, die doppelseitig bedruckt ist. Es gibt eine violette und eine orangene Seite. Jede Kartenseite zeigt eine Variante für die Siegpunkte, Eigenschaften und Fähigkeiten des entsprechenden Gebäude-Plättchens. Für die erste Partie wird empfohlen das Gebäude-Set 1 mit der lila Kartenseite zu verwenden.

 

Legt nun den Spielplan in die Tischmitte. Er bietet lediglich Platz für die Gebäude-Plättchen und zeigt deutlich wie viele Plättchen von welcher Art wie häufig ausgelegt werden müssen, abhängig von der Spielerzahl. Der Vorrat an Gebäude-Plättchen ist begrenzt und Spieler konkurrieren darum. Unterhalb der Auslage werden die fünf Karten platziert, sodass man die Funktion der darüber liegenden Gebäude-Plättchen immer im Blick hat.

 

Das vierte Tray mit den Bewohnern und Müll- sowie Relikt-Markern sollte in Reichweite platziert werden. Diese Komponenten bilden einen allgemeinen Vorrat und können ebenfalls auf Landschaftsplättchen platziert werden. Nun kann es schon losgehen.

 

Das Spielziel

 

In Leben in Reterra wollen wir eine Landschaft kreieren und diese mit Leben füllen, indem wir Gebäude und Bewohner platzieren. Am Spielende wird geschaut, wie gut und zahlreich Landplättchen, Gebäude und Bewohner platziert wurden. Dafür gibt es dann Siegpunkte. Wofür genau, sollte man sich vor Spielbeginn klar machen. Hier eine vollständige Übersicht.

 

Spieler haben zum Ziel, dass dieselben Terrainfelder (z.B. Wiese) zusammenhängende Segmente aus mindestens 7 Feldern bilden. Denn dann gibt es pro solchem Segment 3 Siegpunkte. Außerdem geben alle sichtbaren weißen Symbole, so genannte Relikte, inklusive den platzierten Reliktmarkern, jeweils einen Siegpunkt. Genauso gibt auch jeder platzierte Bewohner, egal wo, einen Siegpunkt. Manche Gebäude erlauben es, dass Mitspieler ihren Müll bei euch abladen, und zwar in Form von Müllmarkern. Diese geben einen Siegpunkt Abzug; und sollten diese Müllmarker Relikte überdecken, gibt es für das überdeckte Relikt auch keinen Punkt mehr. Fiese Sache.

 

Dann gibt es noch so genannte Energiequellen unter den Landplättchen. Sollte es an allen vier Seiten an ein anderes Landplättchen orthogonal angrenzen, gibt es dafür acht Siegpunkte. Das ist ordentlich. Ein Nachteil ist allerdings, dass diese Energiequellen keinen Platz für Gebäude bieten und auch sonst keine weiteren positiven Effekte haben.

 

Zu guter Letzt wären da die platzierten Gebäude-Plättchen. Jedes Gebäude hat einen Basis-Siegpunkte-Wert, der auf der Karte oben links abgedruckt ist, meist 2 oder 4 Siegpunkte. Einige Gebäude geben Siegpunkte, abhängig von der Landschaft oder anderen Faktoren. Außerdem gibt es für viele Gebäude Bedingungen, die bei Erfüllung extra Siegpunkte geben. Solche Situations-abhängigen Siegpunkte sind in Textform auf der Karte beschrieben.

 

Spielt ihr mit der Mondaufgang Erweiterung, so werdet ihr im Spielverlauf Zwischenwertungen triggern, in denen aufgedeckte Mondplättchen an Spieler mit einer Mehrheit an Gebäuden, Bewohnern oder Relikten verteilt werden, je nachdem welche Mondereignistafel beim Spielaufbau gewählt wurde. Jedes dieser Mondplättchen ist dann auch einen Siegpunkt wert. Das wars aber schon. Um die Wertung am Spielende zu vereinfachen, liegt dem Grundspiel ein nützlicher Wertungsblock bei!

 

Der Spielablauf

 

In Leben in Reterra sind alle Spieler im Uhrzeigersinn am Zug, bis alle Spieler genau 15 Züge ausgeführt haben. Aber keine Angst, ihr müsst nicht mitzählen. In jedem Zug platziert man ein Landplättchen mit dem Ziel ein 4 x 4 Raster aufzubauen. Am Spielende hat jeder Spieler sein 4 x 4 Raster vollendet, also 16 Plättchen vor sich ausliegen: sein Startplättchen und 15 weitere.

 

Wie läuft ein Spielerzug ab? Insgesamt gibt es vier Schritte. In Schritt 1 sucht man sich ein Landplättchen aus. Entweder nimmt man sich eines der fünf aus der offenen Auslage oder eines der drei auf seiner Hand. Dann platziert man es in sein Raster, orthogonal angrenzend an ein bereits liegendes Landplättchen. Weitere Legeregeln gibt es nicht, aber man versucht natürlich gleiche Terrains benachbart zu haben, um Siegpunkte für zusammenhängende Terrainfelder zu erhalten.

Außerdem wird man versuchen Zahnrad-Symbole auf identischen Terrains benachbart zueinander zu platzieren. Von Zahnrad-Symbolen hatten wir es noch nicht, weil sie an sich keine Siegpunkte geben. Aber nur auf Feldern mit Zahnrad-Symbolen können Gebäude-Plättchen gebaut werden; Und zwar auch nur dann, wenn sich alle Zahnrad-Symbole, die von einem Gebäude-Plättchen überbaut werden sollen, auf identischem Terrain, z.B. Wiese, befinden. Hier wird der Puzzle-Charakter von Leben in Reterra deutlich.

 

Nachdem man das Landplättchen platziert hat, darf man in Schritt 2 entweder ein Gebäude oder einen Bewohner platzieren, aber nur eines davon und nur einmal. Außerdem auch nur auf ein Zahnrad-Symbol des gerade platzierten Landplättchens. Man muss sich also gut überlegen, ob man Bauplätze auf Zahnrädern später durch weitere Zahnräder vergrößert, um größere Gebäude zu bauen, oder direkt einen Bewohner oder ein kleineres Gebäude baut. Sollte man später kein passendes Zahnrad mehr erhalten, lässt sich in der Regel nachträglich kein Gebäude oder Bewohner mehr platzieren.

 

In Schritt 3 werden die Gebäude-Funktionen bereits gebauter Gebäude überprüft und aktiviert. Nur ein Teil der Gebäude hat Effekte, die hier in Schritt 3 triggern. Zwei Beispiele: platziere am Ende jeder Runde … einen Reliktmarker neben einem beliebigen Bewohner oder … einen Bewohner auf einem Feld neben diesem Gebäude. Andere Gebäude haben Funktionen, die in bestimmten Spielsituationen triggern, z.B. wenn ein Sitznachbar einen Bewohner platziert oder wenn man selbst ein anderes Gebäude baut. Andere Gebäude geben nur Siegpunkte oder Bonus-Punkte, wenn bestimmte Ziele erreicht sind: z.B. 3 Punkte extra, wenn zwei Wasserfelder angrenzen.

 

Spielt man nur mit dem Grundspiel, ist Schritt 4 simpel: die Auslage wird aufgefüllt, sollte man sein Landplättchen aus der offenen Auslage genommen haben. Hat man allerdings eines seiner drei geheimen Landplättchen gespielt, so zieht man nicht nach. Über die gesamte Partie hat man nur die zu Spielbeginn verteilten 3 geheimen Plättchen zur Verfügung.

 

Mit der Mondaufgang Erweiterung wird Schritt 4 nochmal viel interessanter. Denn dann sind die Mondplättchen unter die Landplättchen gemischt worden. Immer dann, wenn ein Mondplättchen beim Nachziehen aufgedeckt wird, landet es auf der Mondereignistafel. Dafür wird ein neues Landplättchen aufgedeckt, um die Auslage aufzufüllen.

Sollten zu irgendeinem Zeitpunkt eine bestimmte, von der Spielerzahl abhängige Anzahl an Mondplättchen auf der Mondereignistafel liegen, wird eine Zwischenwertung getriggert. Es gibt wie beschrieben drei verschiedene Mondereignistafeln mit unterschiedlichen Zwischenwertungen. Es wird überprüft welcher Spieler zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit an entweder Gebäuden, Bewohnern oder Relikten in seiner Landschaft hat. Dieser erhält dann alle Mondplättchen auf der Mondereignistafel. Bei Gleichstand werden alle Mondplättchen abgeworfen und alle gehen leer aus.

 

Haben alle Spieler 16 Plättchen und das 4 x 4 Raster vollendet, ist die Partie zu Ende. Wertungsblock und Stift, bitte. Wer hat gewonnen?

 

 

Bildergalerie von Leben in Reterra mit Mondaufgang (9 Bilder)

Spielmaterial

 

Grundspiel

  • 1 Spielplan
  • 104 Landplättchen
  • 93 Gebäudeplättchen
  • 15 doppelseitige Gebäudekarten
  • 30 Müll-/Reliktmarker
  • 32 Bewohnerfiguren aus Holz
  • Punkteblock
  • 5 Aufbewahrungsfächer

 

Mondaufgang Erweiterung

  • 3 Mondereignistafeln
  • 30 Mondplättchen
  • 62 Gebäudeplättchen
  • 10 doppelseitige Gebäudekarten
  • 10 Müll-/Reliktmarker
  • 16 Bewohnerfiguren aus Holz
  • 2 Aufbewahrungsfächer


Cover & Bilder © Cover: Hasbro Inc. / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Wir verstehen das unterdurchschnittliche BGG Rating überhaupt nicht. Leben in Reterra ist ein wunderschön aufgemachtes, hochwertig produziertes, schnell gespieltes und sehr abwechslungsreiches Puzzle-Spiel, das in unseren Testpartien sowohl bei Vielspielern als auch bei Familienspielern Anklang fand. Ob mit oder ohne Mondaufgang Erweiterung, das Puzzeln auf zwei Ebenen, Landplättchen im 4x4 Raster und Gebäudeplättchen darüber, hat immer Freude bereitet. Besonders interessant war es die (mit Erweiterung) 10 verschiedenen Gebäude-Sets auszutesten, die in unseren Partien komplett unterschiedliche Spieldynamiken hervorbrachten. So sind einige Gebäude-Sets interaktiver, andere solistischer, einige sind flexibler, was Siegpunkte-Strategien angeht, andere scheinen diesbezüglich offensichtlicher zu sein. Schon alleine wegen der Variabilität im Spielgefühl, müssen eigentlich für jeden Puzzler da draußen mindestens ein, zwei Sets dabei sein, die Spaß machen. Wir haben auf jeden Fall unsere Lieblings-Sets bereits identifiziert und wechseln auch je nach Stimmung und Spielgruppe. Leben in Reterra kann wirklich was und sieht nebenbei auch noch wirklich hübsch aus!

 

Balancing/Glücksfaktor: In Leben in Reterra werden Landplättchen von einer gemeinsamen Auslage im Uhrzeigersinn gedraftet. Klar spielt hier Glück eine Rolle. Etwas entgegen wirkt, dass jeder Spieler drei Landschaftsplättchen auf der Hand hat, von denen er jederzeit ein Plättchen statt eines von der Auslage spielen kann. Dies erlaubt etwas vorauszuplanen und Risiken besser abschätzen zu können. Außerdem benötigen Spieler häufig - aufgrund der eigenen Landschaftsstruktur - andere Landplättchen, um in Folge das gewünschte Gebäude darauf bauen zu können. Man schnappt sich also nicht zwangsläufig Landplättchen weg und ist davon abhängig, dass direkt vor seinem eigenen Zug das passende nachgezogen wird.

Die Gebäude-Auslage wiederum ist stark limitiert; hier herrscht starke Konkurrenz zwischen den Mitspielern. So gibt es vom größten Gebäude, das für den Bau vier benachbarte Zahnräder auf demselben Terrain benötigt, einmal weniger als Spieler an der Partie teilnehmen. Gehen wir davon aus, dass alle auf das große Gebäude gehen und mehrere Spieler tatsächlich passende Landplättchen in der Auslage finden, was zu Spielbeginn durchaus realistisch ist. Dann ergibt sich ein krasser Startspielervorteil. Während uns die Glückslast durch die allgemeine Auslage nicht gestört hat, fiel uns dieser Startspielervorteil als der größte Kritikpunkt an Leben in Reterra auf. Aber auch darüber kann man in unseren Augen hinwegsehen.

Die Mondaufgang Erweiterung führt Mondplättchen ein, die zufällig unter die Landplättchen gemischt werden. Immer, wenn eine bestimmte Menge Mondplättchen aufgedeckt wurde, wird eine Zwischenwertung getriggert. Das Timing dieser Zwischenwertungen ist somit ebenfalls Glückssache, aber man kann sich natürlich im Voraus so aufstellen, dass man bei der Zwischenwertung zu jedem Zeitpunkt gut dasteht.

 

Komplexität/Regeln: Leben in Reterra ist ein Familienspiel. Ich würde nicht Mal ein Plus dahinter setzen. Und gerade auf diesem Niveau – um an den vorangehenden Abschnitt anzuknüpfen – ist etwas Glückslastigkeit und Nicht-perfekte Balance auch verzeihbar. Man muss eben wissen, worauf man sich einlässt.

Die Regeln umfassen insgesamt 15 Seiten. Spielvorbereitung und -Ablauf passen auf nur 6 Seiten. Ehrlicherweise wäre es sogar kürzer gegangen. Und auch etwas zugänglicher. Familienspieler sollten nicht von Regeln abgeschreckt werden. Glücklicherweise gibt es von Hasbro auch ein offizielles und gelungenes Regel-/How-to-Play-Video, das nur 6.5 Minuten dauert und alles vom Aufbau bis zur Endwertung erklärt.

Die Regel für die Mondaufgang Erweiterung hat 11 Seiten, wobei eigentlich eine halbe Seite ausreichend gewesen wäre. Sie führt nämlich den gesamten Spielaufbau und Ablauf noch einmal auf und ergänzt lediglich in blau die Änderungen, die mit der Erweiterung eingeführt werden. Die Erweiterung erhöht die Komplexität nicht wirklich, ändert aber die Spieldynamik signifikant, indem Spieler, die in der Anzahl an Gebäuden, Bewohnern oder Relikten zu bestimmten Zeitpunkten führend sind, zusätzliche Siegpunkte erhalten. Aus diesem Grund würden wir die Erweiterung je nach Lust und Laune mal dazunehmen, mal weglassen.

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Die Spielerinteraktion hängt stark davon ab, mit welchem der 10 Gebäude-Sets man spielt und auch davon, ob die Mondaufgang Erweiterung dabei ist oder nicht. Ein zentrales Spielelement, welches direkte Interaktion ermöglicht, sind die Müllmarker. In vielen Sets gibt es ein Gebäude, dass es erlaubt Müllmarker auf Landschaften der Mitspieler zu platzieren. So werden Relikte überdeckt und Minuspunkte verteilt. Das kann wehtun, wenn sich ein Spieler Gebäude geholt hat, deren Wertung von der Anzahl an Relikten abhängig ist. Also richtiges „take-that“. Es gibt aber auch Sets, die gänzlich ohne diese take-that Elemente auskommen.

Abseits der Set-spezifischen Interaktion ergibt sich ausschließlich indirekte Interaktion: die Konkurrenz um die Land- und Gebäudeplättchen in der allgemeinen Auslage. Man kann durchaus überblicken, was Mitspieler benötigen oder sich holen wollen, und dem zuvorkommen. „Gemeine“ Spielweisen sind möglich, aber nicht unbedingt zielführend. Man kann aber auch einfach nur auf sich selbst schauen und „friedlich“ sein. Sich unbewusst etwas wegschnappen wird man aber zwangsläufig. Denn vor allem die Gebäudeplättchen sind strikt limitiert; hier ist großer Konkurrenzdruck.

Die Mondaufgang Erweiterung führt insofern mehr Interaktion ein, als dass man gezwungen wird zu schauen, was die Mitspieler so treiben. Denn es gibt im Spielverlauf extra Siegpunkte für den führenden was die Anzahl an Gebäuden, Bewohnern oder Relikten angeht, je nachdem mit welchem der drei Mondereignistafeln man spielt.

Gibt es Vor- oder Nachteile mit mehreren Spielern? Viele Gebäude-Funktionen fragen nach Mehrheiten im Vergleich zu den direkten Nachbarn. Außerdem werden bei mehreren Spielern auch mehr Landplättchen aufgedeckt, sodass jeder Spieler insgesamt mehr Auswahl haben wird, um seine Landschaft auszubauen. Schließlich liegen 5 Landplättchen offen aus; spielt man nur zu zweit, wird man zwischen den Zügen maximal zwei neue Plättchen sehen. Für die Konkurrenz um die Gebäudeplättchen spielt die Spielerzahl keine Rolle, da die verfügbare Anzahl der Spielerzahl angepasst wird.

 

Spieldauer: Auf der Spielschachtel ist eine Spieldauer von „± 35 Minuten“ angegeben. Eine interessant präzise Angabe. Obwohl die Spieldauer linear mit der Spielerzahl geht. Jeder Spieler ist genau 15 mal am Zug, bis er sein 4x4 Raster aus Landplättchen vervollständigt hat und das Spielende erreicht ist. Wir haben Partien zu dritt und zu viert gespielt. In einer Nachmittags-Session haben wir inklusive Regelerklärung und Spielaufbau insgesamt für drei Partien mit unterschiedlichen Gebäude-Sets und mit Mondaufgang Erweiterung knapp 2,5 Stunden gebraucht. Zieht man den Austausch und die Gespräche zwischen den Partien ab, sind das ca. 40-45 Minuten pro Partie im 3-Personen-Spiel. Disclaimer: wir haben sehr gemütlich gespielt. Zeitangaben sind das eine; das andere ist, wie sich die Spieldauer anfühlt. Und hier müssen wir sagen: genau richtig. Die Downtime ist sehr gering, weil man während eines Zuges eigentlich nur überlegen muss welches der Landplättchen in der Auslage man nehmen möchte oder ob man eines seiner geheimen Plättchen legt. Und ob man ggf. ein Gebäude oder Bewohner platziert. Das wars. Und die insgesamt 15 Züge fühlen sich genau richtig an. Die Partie wird nicht unnötig in die Länge gezogen – es bleibt ein kurzweiliges Plättchenlegespiel. Man hat aber dennoch ausreichend Zeit, um seine Strategien umzusetzen und am Ende sind meist auch fast alle Gebäudeplättchen der Auslage weg. Leben in Reterra ist durchaus eines der Spiele, das man mehrfach hintereinander weg in verschiedenen Variationen spielen kann.

 

Wiederspielbarkeit: Hier spielt Leben in Reterra unserer Meinung nach seine größten Stärken aus. Im Grundspiel sind drei Trays mit jeweils einem individuellen Gebäude-Set enthalten, bestehend aus fünf Gebäuden. Die Mondaufgang Erweiterung ergänzt das Ganze um zwei weitere Trays.

Doch was bedeutet „Set“ in diesem Zusammenhang eigentlich? Die 5 Gebäude verschiedener Sets unterscheiden sich in ihren Wertungen, Eigenschaften und/oder Aktionen. Diese besonderen Gebäude-Regeln sind jeweils auf Karten dargestellt. Jedes dieser Sets bietet zudem zwei Varianten – eine orangene und eine lila Kartenseite – sodass im Grundspiel insgesamt sechs und mit der Erweiterung sogar zehn verschiedene „Spielerfahrungen“ zur Verfügung stehen.

Aber da ist nicht Schluss. Man kann Sets auch aus den 10 Gebäude-Varianten eines jeden der 5 Gebäude-Typen selbst zusammenstellen. Die Anleitung liefert hier sogar Vorschläge für Zusammenstellungen, die verschiedene Spielweisen fördern, und lässt auch 2 Seiten frei, um eigene Sets zu definieren. Mix & Play. Vielleicht kreiert ihr euer eigenes Lieblings-Set. Jedenfalls gibt es durch diese Variabilität einen sehr hohen Wiederspielwert.

Und ja, die verschiedenen Sets spielen sich wirklich komplett unterschiedlich. Die Spieldynamik, in derselben Gruppe an Spielern, kann sich komplett drehen, abhängig vom gewählten Set. So haben in einer Partie alle Mitspieler 8 bis 12 Bewohner platziert, während in einer anderen Partie kein Spieler auch nur einen Bewohner platziert hat, weil diese Aktion den benachbarten Spielern dank einer spezifischen Gebäude-Kombination Vorteile verschafft hätten. Konkret, Gebäude 1: „platziert ein Nachbar einen Bewohner, platziere selbst einen Bewohner auf diesem Gebäude“ und Gebäude 2: „platzierst du einen Bewohner, platziere einen Müllmarker auf ein Relikt deines Nachbarn“ – Kettenreaktion. Man will ja nicht, dass eine Bewohner-Platzierung back-fired und netto Minuspunkte gibt.

Übrigens, mit der Mondaufgang Erweiterung hat man auch noch drei Varianten einer Mondaufgang-Zwischenwertung, die wiederum mit allen Gebäudesets kombiniert werden können. Ich werde jetzt nicht ausrechnen wie viele unterschiedliche Spielvarianten sich mit all der Variabilität ergeben, aber es sind einige und man spürt es auch!


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