Agent Avenue

Agent Avenue

Genre: Duellspiel • Kartenspiel • Bluffen • Set Collection
Autor: Christian Kudahl, Laura Kudahl
Illustrator: Fanny Pastor Berlie
Spieleverlag: Nerdlab Games
Empfohlenes Alter: 8+ Jahre
Spieldauer: 10-15 Minuten

Agent Avenue   03.11.2024 von 2-PL4Y3R5

Als wir Agent Avenue auf der SPIEL 2024 testeten, kam uns direkt die Actionkomödie Mr. & Mrs. Smith aus dem Jahr 2005 in den Sinn, in dem sich zwei miteinander verheiratete Agenten, zunächst unwissend von der Tätigkeit des Ehepartners, schließlich versuchen zu töten. Agent Avenue hat ein ähnliches Setting. Ihr seid nicht verheiratet, sondern Nachbarn, und versucht euch lediglich gegenseitig zu enttarnen, nicht umzubringen. Close enough. Das Ganze kommt als kleines, charmantes Kartenspiel mit einem Mini-Spielplan daher, auf dem zwei Agenten-Figuren fangen spielen. Wie uns das gefallen hat, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Agent Avenue kommt in einem kleinen Schachtel-Format, minimal größer als DIN A6. Genauso groß ist auch das Spielbrett. Zusammen mit den beiden Agenten Figuren und dem bunten, leicht verblasstem Artwork mit Tier-Figuren auf Karten und Spielbrett weckt Agent Avenue Interesse, einfach weil alles gleichermaßen süß, wie Retro ausschaut. Eine bessere Beschreibung fällt uns hier nicht ein.

 

Wir besprechen hier nur das 2-Personen Spiel. Eine 3-4 Spieler Variante gibt es aber auch noch. Passend zum kleinen Schachtelformat ist Agent Avenue dann auch in 30 Sekunden aufgebaut. Der Spielplan kommt zwischen die beiden Spieler. Dabei wird die Seite mit den schwarzen, maskierten Hunden im Einkaufswagen in den vier Spielbrett-Ecken nach oben platziert. Das ist die Seite für Fortgeschrittene, welche die Schwarzmarkt-Karten ins Spiel bringt. Nur keine Scheu, die andere Spielplan-Seite ohne maskierte Hunde und Schwarzmarkt-Karten ist hauptsächlich für Kinder gedacht.

 

Am besten setzen sich die beiden Spieler gegenüber. Man sollte sich nicht in die Karten schauen können! Dann nimmt sich jeder eine der beiden Agenten Figuren, grün oder blau, und platziert sie auf das jeweilige farblich markierte Startfeld auf dem Spielbrett.

 

Nun müssen die beiden Kartenstapel gemischt werden; ok, zugegeben, macht man das richtig, dauert das länger als 30 Sekunden. Vom Agenten-Kartenstapel erhalten dann beide Spieler 4 Karten auf die Hand. Vom Schwarzmarkt-Kartenstapel werden drei Karten in eine offene Auslage platziert. Mit den Zahlen auf den Agentenkarten werden die Agenten über die entsprechende Anzahl Felder auf dem Spielplan bewegt. Die Schwarzmarktkarten bieten dagegen Spezialfähigkeiten und können erhalten werden, wenn der Agent auf einem Eckfeld des Spielplans landet.

 

Das Spielziel

 

Nun kann es schon los gehen. Ziel des Spiels ist es den gegnerischen Agenten zu fangen, in dem man ihn auf dem Spielbrett ein- oder überholt. Es gibt aber noch einige weitere Siegbedingungen, die man im Blick behalten sollte. Hier spielt Set Collection eine Rolle. Außerdem ist das Fangenspielen nicht so trivial wie es sich anhört, denn man entscheidet nie selbst mit welcher Agentenkarte man seinen eigenen Agenten bewegt, sondern der Mitspieler, aber auf Basis unvollständiger Informationen. Hier kommt das Bluffen ins Spiel.

 

Der Spielablauf

 

In Agent Avenue sind die Spieler nacheinander am Zug. Jeder Zug besteht aus 3 Schritten, die nacheinander ausgeführt werden: der aktive Spieler spielt 2 Karten aus, dann rekrutieren beide Spieler jeweils eine dieser Karten und bewegen ihre Spielfiguren; und zuletzt werden die Siegbedungen überprüft. Aber nochmal Schritt für Schritt.

 

In Schritt 1 „Ausspielen“ muss der aktive Spieler genau zwei Karten in die Tischmitte legen. Der Clou: eine davon wird offen ausgespielt, die andere verdeckt. Achtung: man darf nicht zwei Karten mit denselben Namen spielen, sodass die offene und verdeckte Karte identisch sind. Nach dem Ausspielen wird wieder auf 4 Handkarten nachgezogen. Insgesamt vier Mal während einer Partie, bevor man die beiden Karten spielt, darf auch eine Handkarte abgeworfen werden, um eine neue zu ziehen.

 

In Schritt 2 „Rekrutieren“ muss der Spieler gegenüber nun entscheiden welche Karte er wählt. Er hat nur Information über die offen gespielte Karte, nicht über die verdeckte. Kann er das Risiko eingehen die verdeckte zu wählen, wenn die offen gespielte Karte relativ schlecht ist? Vielleicht ist es ein bluff, und die verdeckte Karte ist noch schlechter? Hat der Gegenüber gewählt, so erhält der aktive Spieler die zweite Karte, die übrig bleibt. Beide Karten kommen in die offene, persönliche Auslage der jeweiligen Spieler.

 

Dann findet die Bewegung der Spielfiguren auf dem Spielplan statt. Schauen wir uns dazu die Agenten-Karten etwas genauer an. Auf der linken Seite stehen drei Zahlen; diese können positiv oder negativ sein. Der Zahlenwert entspricht der Anzahl an Feldern, um die die eigene Spielfigur vor (positiver Wert) oder zurück (negativer Wert) bewegt werden muss. Welche der drei Zahlen relevant ist, hängt davon ab wie häufig man dieselbe Karte bereits in der eigenen Auslage hat. Erhält man die Doppelagentin zum ersten Mal, geht’s ein Feld zurück; erhält man sie zum zweiten Mal aber sechs Felder vorwärts! Bekommt man eine Karte bereits zum dritten Mal oder öfter, zählt immer die dritte Zahl.

 

Nach dem Bewegen der Spielfiguren wird geprüft, ob jemand auf einem der Schwarzmarkt-Felder in den Ecken des Spielplans gelandet ist, also seine Bewegung dort beendet hat. Dann darf sich der Spieler eine der offen ausliegenden Schwarzmarkt-Karten nehmen und ersetzt sie direkt durch eine neue Karte vom Nachziehstapel. Manche Schwarzmarkt-Karten haben einen Soforteffekt (Blitz-Symbol); sie werden nach dem Ausführen abgeworfen. Andere haben einen dauerhaften Effekt (Unendlichkeits-Symbol) und bleiben in der persönlichen Auslage liegen. Die Schwarzmarkt-Karten können das Spiel schnell wenden, indem sie neue Siegbedingungen einführen oder als Soforteffekt direkt eine Agenten-Karte von der Hand rekrutieren.

 

Nun geht es zu Schritt 3 „Ende“, in dem auf Siegbedingungen überprüft wird. Gibt es keinen Sieger, beginnt eine neue Runde und der nächste Spieler darf zwei Karten ausspielen.

 

Wann hat man gewonnen? Hat einer der Spieler die Spielfigur des anderen eingeholt, ist also auf demselben Feld gelandet oder darüber hinweg gezogen, so gewinnt er sofort. Agent Avenue ist also ein Fang-Spiel. Das ist aber noch nicht alles! Es gibt Karten, die zu einem sofortigen Sieg oder einer sofortigen Niederlage führen, sobald man die dritte Kopie in die eigene Auslage bekommt. Drei Codeknackerinnen führen zum Sieg, drei Draufgänger zur direkten Niederlage. Aber Achtung: eine Schwarzmarktkarten-Fähigkeit sorgt dafür, dass man auch mit drei Draufgängern gewinnt!

Ist der Agenten-Stapel leer und ein Spieler kann keine Karten mehr ausspielen, weil er weniger als 2 Karten auf der Hand hat, gewinnt derjenige, der am nächsten an der Spielfigur des anderen dran ist. Sollte es zu einem Gleichstand kommen, weil beide Spieler eine Siegbedingung erfüllen, gewinnt der aktive Spieler.

 

 

Bildergalerie von Agent Avenue (12 Bilder)

Spielmaterial

 

  • 1 doppelseitiges Spielbrett
  • 38 Agentenkarten
  • 15 Schwarzmarktkarten
  • 2 Spielfiguren
  • 2 Kurzübersichtskarten


Cover & Bilder © Cover und Bilder im Artikel: Nerdlab Games / Bilder in der Galerie und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Wir sind ohne irgendwelche Erwartungen in unsere erste Partie auf der SPIEL 2024 gestartet. Und wir waren auch zunächst skeptisch, denn wir können Spielen mit Deduktion oder Bluffen selten etwas abgewinnen. Aber Agent Avenue hat uns richtig überrascht. Unsere erste Partie dauerte 3 Minuten, weil einer den Gegenüber einfach richtig dran bekommen hat. Gleich nochmal! Dann ging die Jagd schon etwas länger und eine Schwarzmarkt-Karte hat dann zum plötzlichen Sieg geführt. Agent Avenue ist spannend, weil man einfach nie weiß, welche Karte verdeckt gespielt wurde. Aber es wird ja gleich aufgelöst, und weiter geht’s. Die Spielgeschwindigkeit ist so schnell, Pausen gibt es nur, wenn man sich nicht traut, eine der beiden Karten auszuwählen. Es kommt nie Langeweile auf.

 

Balancing/Glücksfaktor: In einem Kartenspiel spielt Kartenglück immer eine Rolle. Aber dadurch, dass man 50% seiner Karten dem Gegenüber unterjubelt, ist das nicht wirklich problematisch. Man muss eben gut bluffen, manipulieren oder den Gegner eben richtig gut verarschen können. Geht’s um Kartenglück, so gibt es sogar ein Mechanismus, der dem entgegenwirken soll. So darf man viermal im Spiel eine Karte verdeckt abwerfen, um eine neue zu ziehen. Sehr sinnvoll, wenn man z.B. nicht das Risiko eingehen möchte einen Draufgänger verdeckt auszulegen, wenn man schon zwei davon in der Auslage hat. Beim dritten würde man nämlich direkt verlieren.

 

Komplexität/Regeln: In 2 Minuten erklärt, direkt vom ersten Spielzug flüssig runter gespielt. Ein simples Spiel, bei dem man nicht bei der Sache bleibt, weil man komplexe Manöver des Mitspielers im Blick behalten muss oder versucht bei den Regeln durchzusteigen, sondern wegen der spannenden Interaktion mit dem Mitspieler, dem Bluffen und dem Spaß, wenn der Gegner in die Falle tappt! Strategische Überlegungen gibt es zuhauf, dank der unterschiedlichen Siegbedingungen: den gegnerischen Agenten zu fangen erscheint zwar zu Beginn am einfachsten, aber über die Zeit können auch Codeknackerin und Draufgänger immer wichtiger werden. Und die Schwarzmarkt-Felder zu erreichen, kann ab und zu auch Priorität haben. Die komplette Regel ist in 10 Minuten gelesen. Sie hat zwar 16 Seiten, ist aber im Kleinformat. Und auf den 16 Seiten sind alle Spielvarianten erklärt: die für Familien, die für Fortgeschrittene und die für Teams. Außerdem gibt es eine Liste mit Klarstellungen und Edge Case Besprechungen, sodass selbst in sehr speziellen Spielsituationen keine Frage offenbleibt. Spielaufbau und -ablauf für die leichte Variante passt auf 5 Seiten.

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Agent Avenue ist im Kern ein 2-Personen-Spiel mit einer Spielvariante für 3-4 Spieler, die wir allerdings noch nicht getestet haben. Wir haben es bereits erwähnt, Agent Avenue lebt von der Spielerinteraktion. Insbesondere, wenn dann der Gegenüber die beiden Karten, eine offen, die andere verdeckt, in die Tischmitte gespielt hat, wird sich tief in die Augen geblickt und gegrübelt was wohl Best- und Worst-Case Szenarien für die verdeckte Karte wären und was der Gegenüber so für Hintergedanken haben könnte. Dadurch, dass man durch dieses Bluff Spiel die Bewegung des Gegners direkt mitbeeinflussen kann, ist die Interaktion maximal spürbar und direkt. Und dieser Mechanismus macht jeden Spielerzug superspannend.

 

Spieldauer: Mit einer Spieldauer von 10-15 Minuten ist Agent Avenue extrem schnell gespielt. Es kommt auch durchaus vor, dass nach nur drei bis fünf Zügen ein Sieger feststeht; ein Zug dauert vielleicht eine Minute. Das ist nicht schlimm, dann einfach gleich nochmal, denn Agent Avenue ist auch in einer Minute wieder neu aufgebaut; lediglich alle Karten abräumen, die beiden Kartenstapel erneut mischen, jeweils vier Agentenkarten an die beiden Spieler austeilen, drei Schwarzmarktkarten in die Auslage. Los geht’s. Im Durchschnitt hat eine Partie tatsächlich etwa 10 bis 15 Spielerzüge angedauert, sodass die Angabe auf der Schachtel gut passt. Wir haben eigentlich immer mindestens „Best of 3“ gespielt.

 

Wiederspielbarkeit: Die beiden Kartenstapel sind nicht sehr groß: es gibt 38 Agentenkarten und 15 Schwarzmarktkarten. Auch gibt es nur acht verschiedene Agenten – klar, die Häufigkeit der Agenten muss ja entsprechend ausgeglichen sein, sodass ihre Fähigkeiten Sinn ergeben; Stichwort: Balancing. Wir empfanden es bisher nicht als störend, selbst nach 10+ Partien. Das System funktioniert so wie es ist prima. Bzgl. Wiederspielbarkeit sind auch die verschiedenen Spielvarianten zu erwähnen. Die leichte Variante ist für Familien mit Kindern besser geeignet; sie kommt ohne Schwarzmarktkarten aus. Und zuletzt gibt es auch eine Team-Variante für 3-4 Spieler. In jedem Fall bietet Agent Avenue Optionen in verschiedenen Konstellationen Spaß zu haben. Und dadurch, dass Agent Avenue schnell erklärt und gespielt ist, kommt es sicher auch häufig auf den Tisch.


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