Carnival of Sins

Carnival of Sins

Genre: Kartenspiel • Würfelspiel • (taktisches) Partyspiel
Autor: Alex Nogués
Illustrator: Vicente Cifuentes
Spieleverlag: Tranjis Games
Empfohlenes Alter: 10+ Jahre
Spieldauer: 10-20 Minuten

Carnival of Sins   03.12.2025 von 2-PL4Y3R5

Carnival of Sins stand auf unserer Wunschliste, weil es uns vom Spielprinzip an King of 12 erinnerte, das wir liebten, aber zusätzlich mit verschieden-seitigen Würfeln daherkommt. Würfel-Vielfalt macht alles besser, dachten wir uns. Außerdem sieht Carnival of Sins schon mega schick aus, mit seinen goldenen Highlights auf schwarzen Karten. Und für unter 20 EUR kann man ja heutzutage nichts falsch machen. Oder doch? Wir haben das (taktische) Partyspiel mal auf Herz, Nieren und Lachmuskeln geprüft und verraten euch gerne, was wir von Carnival of Sins halten.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Heutzutage muss man herausstechen, um in der Brettspielwelt erfolgreich zu sein. Das macht Carnival of Sins auf jeden Fall schon mal richtig gut. Der Artstyle ist durchdacht und auffällig; und er beginnt bereits bei der Spieleschachtel: wirklich alles ist in gold-weiß auf schwarzem Untergrund gehalten: Karten, Würfel, die Regel, der Wertungsblock und ja, auch die Spielschachtel. Cool ist auch das praktische Einschub-Design der Schachtel. Wer sich wundert, wie man den Schuber herauszieht, weil eine Griffmulde fehlt: auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Ausschnitt; drücken!

 

Schauen wir uns nun den Spielaufbau an. Er dauert keine 30 Sekunden. Jeder Spieler nimmt sich ein Set aus 7 identischen Karten. Die Sets erkennt ihr an den unterschiedlichen Kartenrücken. Jeder der sieben Karten repräsentiert eine der 7 Sünden. Im Spielverlauf triggern gespielte Karten verschiedene Aktionen. Einer der Spieler erhält zusätzlich noch die Teufelskarte, quasi den Startspielermarker.

 

Bereitgelegt werden müssen die sieben Würfel und der Wertungsblock, der zwischen den Spielrunden, also nicht erst am Spielende benötigt wird.

 

Das Spielziel

 

Nach jeder Runde werden Punkte aufgeschrieben und der Spieler mit den meisten Punkte am Spielende gewinnt. Wie bekommt man Punkte? Durch das Ausspielen von Karten zum richtigen Zeitpunkt. Denn wie gut eine Karte in einer Spielsituation funktioniert, also wie viele Punkte sie einbringt hängt von vielen Faktoren ab: den Würfel-Augenzahlen der geworfenen Würfel, ihrer Position, und vor allem auch welche Karten andere Spieler zuvor gespielt haben oder danach spielen werden.

 

Der Spielablauf

 

Carnival of Sins wird über 7 Runden gespielt. Jede Runde startet mit dem Würfelwurf: der Startspieler – der Spieler mit der Teufelskarte – würfelt alle sieben Würfel. Und zwar gut gemischt in die Tischmitte; das ist wichtig, da sogar die Position der Würfel im Spielverlauf relevant sein kann. Also auf keinen Fall die Würfel bewegen. Das ist einigen Mitspielern sehr schwergefallen, ich sage nur: Würfel-Sortier-Reflexe bitte unterdrücken.

 

Der nächste Schritt ist die Auswahl einer Karte: jeder Spieler wählt eine seiner verbleibenden Handkarten und legt sie verdeckt vor sich. Haben dies alle getan, werden die Karten beginnend beim Startspieler aufgedeckt und die entsprechende Aktion ausgeführt. Die meisten Aktionen erlauben es schwarze Würfel zu nehmen, die dann auf die gespielte Karte platziert werden. Und meistens entspricht die Augenzahl des genommenen Würfels am Rundenende den Siegpunkten, die man bekommt. Die sieben verschiedenen Aktionen haben aber alle ihre eigenen Nuancen und sorgen für jede Menge unvorhersehbare Ereignisse:

 

  • Gier: Nimm zwei Würfel desselben Wertes aus der Tischmitte.
  • Völlerei: Nimm den Würfel mit der höchsten Augenzahl aus der Tischmitte.
  • Neid: Du bekommst dieselben Punkte wie der Startspieler.
  • Wollust: Nimm je einen Würfel mit gerader und ungerader Augenzahl (einer davon darf von einem Mitspieler genommen werden).
  • Stolz: Nimm am Rundenende alle übrigen Würfel von der Tischmitte und erhalte die Teufelskarte.
  • Faulheit: Nimm den Würfel, der dir am nächsten liegt.
  • Zorn: Nimm einen beliebigen Würfel (Tisch oder Mitspieler) und werfe ihn neu. Er bleibt dort, wo er ist. Man darf aber versuchen andere Würfel „umzuwerfen“. Fällt ein Würfel vom Tisch, gibt’s Punktabzug!

 

Je nachdem in welcher Reihenfolge diese Karten aufgedeckt werden, ergeben sich ganz unterschiedliche Spielsituationen. Gerade in großer Spielerzahl entfaltet sich ein höllisches Chaos. Im positiven Sinne.

 

Nachdem alle Karten abgehandelt wurden, erfolgt die Wertung. Punkte bekommen die Spieler für die Augenzahlen der Würfel, die sie genommen haben. Das können 0 (Zorn und Wollust eines Mitspielers) bis 2 (Wollust und Gier) Würfel sein. Der Spieler, der die niedrigsten Punkte bekommen würde, erhält den weißen Würfel als Trost, bekommt also die Augenzahl des weißen Würfels als Punkte obendrauf. Die finalen Punkte eines jeden Spielers werden dann auf den Wertungsblock in der Spalte für die aktuelle Runde notiert.

 

In der letzten Phase einer Spielrunde wird geschaut, wer die Teufelskarte erhält und in der kommenden Runde Startspieler wird. Die Teufelskarte erhält immer der letzte Spieler in Zugreihenfolge, der Stolz gespielt hat. Wurde Stolz von keinem Mitspieler gespielt, muss der Spieler mit den wenigsten Punkten in der aktuellen Runde starten. Bei Unentschieden erhält der Spieler, der in der aktuellen Runde als letzter dran war, die Teufelskarte.

 

Nun startet die nächste Runde. Die gespielten Karten bleiben auf dem Tisch und man hat nun eine Karte weniger zur Verfügung. Gerade in den letzten Runden wird es immer leichter zu antizipieren, wer welche Karte spielen wird. Wenn man denn aufgepasst hat. Am Ende der siebten Runde werden alle Punkte aufaddiert. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

 

 

Bildergalerie von Carnival of Sins (6 Bilder)

Spielmaterial

 

  • 7 Würfel (6 schwarze: d4, d6, d8, d10, d12, d20; 1 weißer d6)
  • 35 Sünden-Karten (7 pro Spieler)
  • 1 Teufel-Karte
  • 5 Hilfe-Karten
  • Wertungsblock
  • 1 Regel


Cover & Bilder © Cover: Tranjis Games / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Wer von euch hat in den späten 1990ern und frühen 2000ern Dungeons & Dragons Rollenspiele am Computer gespielt? Sowas wie Baldurs Gate, Planescape: Torment oder Icewind Dale? Carnival of Sins erinnert mich an Charaktere der Gesinnung „chaotisch böse“. Sofern ein Spiel eine Gesinnung haben kann. Will heißen: wer Spaß an Chaos hat, und auch ein paar Gemeinheiten erträgt, der wird seine Freude mit Carnival of Sins haben.

Folgendes Szenario beschreibt das Spielgefühl wohl am besten: die Würfel wurden geworfen. Welche Karten hat man noch auf der Hand? Man macht sich einen Plan, um gut Punkte zu machen; spielt eine Karte verdeckt, gleichzeitig mit allen anderen Spielern. Aber der Effekt der Karte hängt eben auch stark davon ab, welche Karten andere Spieler ausgewählt haben. Es ist also auch immer ein bisschen Deduktion und Interpretation mit dabei. Und wenn dann die Mitspieler genau das tun, was man dachte, dass sie tun: super, die Pläne gingen auf. Oder man denkt, der andere denkt, dass man etwas denkt. Und man spielt direkt den Konter gegen den Konter und der Plan geht auf. Ihr merkt, das kann richtig Spaß machen! Pläne gehen aber nicht immer auf. Und häufig passiert dann doch etwas, mit dem man gar nicht gerechnet hat. Und genau das sorgt dann für die Lacher.

 

Balancing/Glücksfaktor: Klar benötigt man auch eine gute Portion Glück. Das gilt vor allem hinsichtlich des Ausgangs einer einzelnen Runde. Das ergibt sich schon daraus, dass alle Spieler gleichzeitig ihre Karte verdeckt vor sich auslegen und man nie wissen kann, was die anderen gelegt haben. Wie viele Punkte eine Karte einbringt, hängt von vielen Faktoren ab: den Würfel-Augenzahlen, der Position der Würfel, und vor allem auch welche Karten Spieler gespielt haben, die in Zugreihenfolge früher oder später drankommen. Die, die früher drankommen, können einem den Würfel der Wahl aus der Tischmitte wegschnappen und die eigene Karte ist plötzlich nutzlos. Die, die später drankommen, können einem die Würfel, die man sich gesichert hat, noch klauen.

Betrachtet man eine Partie als Ganzes, die über 7 Runden geht, kommt die Strategie aber auch nicht zu kurz. So sollte man auf jeden Fall gut aufpassen, wer welche seiner Karten schon gespielt hat. Kartenzählen hilft. Besonders in den letzten zwei bis drei Runden ist es fast klar, wer welche Karte spielen wird. Aus diesem Grund sollte man sich selbst auch sehr gut überlegen welche Karten man hintenraus übriglässt, um sich den geworfenen Würfeln und Spielsituationen flexibel anpassen zu können.

Auch ist die Spielerreihenfolge in Carnival of Sins wichtig. Als Startspieler können alle nachfolgenden Spieler einem noch einen Strich durch die Rechnung machen. Als letzter in Zugreihenfolge können alle vorherigen Spieler den eigenen Zug kaputtmachen, mit anderen Karten. Es gibt demnach Karten, die man eher spielt, wenn man früh am Zug ist, und solche, die man eher spielt, wenn man Schlusslicht ist. Und auch dies lässt sich verwenden, um die Mitspieler zu durchschauen. Und wer in der nächsten Runde Startspieler wird, lässt sich in gewisser Hinsicht auch beeinflussen.

 

Komplexität/Regeln: Carnival of Sins ist im Sinne der Komplexität ein Familienspiel. Simple Regeln, man kann auch ohne Vorbereitung sofort loslegen. Die Regel hat DIN A6 Format und 8 Seiten. Der gesamte Spielablauf ist auf nur einer Seite zu lesen. Zwei weitere Seiten enthalten eine Beschreibung der sieben Karten im Spiel. Erklärt ist Carnival of Sins in 5 Minuten – inklusive der Aktionen aller Karten – und viel länger benötigt man auch nicht die Regel durchzulesen.

Einen kleinen Kritikpunkt allerdings haben wir: die Karten sind zwar schön anzusehen, aber es hätte nicht geschadet die jeweilige Aktion in Textform auf jeder Karte abzudrucken. Stattdessen hat man lediglich eine Ikonographie, die zwar meist relativ eindeutig ist, aber manchmal, insbesondere in der ersten Partie, Fragen offenlassen kann. Dafür hat jeder Spieler eine Spielerhilfe, die alle Aktionen in Kurzform erklärt.  

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Spielerinteraktion kann schon gemein sein. Wer hätte das gedacht, wo es hier ja um die sieben Sünden geht. Würfel, die man sich bereits erbeutet hat, können mithilfe der Wollust geklaut werden. Oder mit Zorn einfach neu gewürfelt. Spieler können beim verdeckten Spielen von Karten bluffen und täuschen. Carnival of Sins ist ein Partyspiel, das durch die Vielzahl unvorhersehbarer Ereignisse, darunter eben auch ein paar Gemeinheiten, Spielspaß durch Chaos erzeugt. Wir mussten häufig lachen, wenn wir einen Mega-Zug erahnten, der uns dann doch zunichte gemacht wurde. Wer bei sowas nicht lachen kann, der sollte vielleicht die Finger von Carnival of Sins lassen.

Wie sieht es mit der Spieleranzahl aus? Wir haben Carnival of Sins als Partyspiel kategorisiert, auch, wenn es im klassischen Sinne kein Partyspiel ist, denn Taktik und Strategie spielen in diesem Spiel auch eine zentrale Rolle und letztlich geht es um Siegpunkte. Dennoch zündet Carnival of Sins - wie Partyspiele auch - nur mit vielen Mitspielern so richtig. Wir haben die Erstpartie zu dritt gespielt. Und selbst das war eher so lala. Es gab einige witzige Konstellationen und Lacher, aber wir würden Carnival of Sins in Zukunft erst ab vier oder sogar fünf Personen aus der Schublade holen. Zu zweit wollen wir es gar nicht erst ausprobieren.

 

Spieldauer: Auf der Spielschachtel steht 10-20 Minuten. Die Spieldauer ist zwar von der Spielerzahl abhängig, weil die Aktionen auf gespielten Karten im Uhrzeigersinn ausgeführt werden, aber viele Phasen wie das Würfeln, das parallele Auswählen der Karten und die Wertung verlaufen völlig unabhängig von der Anzahl der Spieler. Man denkt fast länger darüber nach, welche Karte man in der vorliegenden Spielsituation spielen möchte, als dann alle Spieler zusammen zum Ausführen der Aktion auf ihrer Karte benötigen. Letzteres dauert je Aktion keine 5 Sekunden; denn die meisten Aktionen beinhalten ausschließlich, einen bestimmten Würfel zu nehmen. Und ob man fünfmal 5 Sekunden oder dreimal 5 Sekunden wartet, macht kaum einen Unterschied.

 

Wiederspielbarkeit: Es gibt keine Spielvarianten oder Abwechslung durch Variation im Spielaufbau. Weiterhin einschränkend wirkt sich aus, dass eine hohe Spielerzahl benötigt wird, damit Carnival of Sins richtig Spaß macht. Auf der anderen Seite gilt dies so für fast jedes Partyspiel da draußen. Als Partyspiel lebt Carnival of Sins von der Spielerinteraktion und sieht dabei noch richtig gut aus. Solange das chaotisch-böse Spiel Freude bereitet, wird es gespielt. Und Chaos als zentrales Merkmal ist ja der Inbegriff von Abwechslung, oder? Dazu ist Carnival of Sins sehr kurzweilig und auch aufgrund der kurzen Spieldauer steht mehreren Partien hintereinander nichts im Wege.


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