NieR Replicant
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BEWERTUNG |
11.05.2021 von LorD Avenger
NieR ist eine äußerst ungewöhnliche JRPG-Reihe, die häufig zwischen den Genre-Kollegen übersehen wird - dabei verdienen einige der Wagnisse in den Spielen durchaus Aufmerksamkeit...
Inhalt
Ein kurzer Abriss der vielleicht etwas konfusen Historie der NieR-Reihe: Das Action-Rollenspiel erschien bei uns erstmals im April 2010 für die PS3 und XBox360 - die Betonung liegt hierbei auf "bei uns". In Japan gab es nämlich eine Variation mit zwei Versionen des Spiels: Nier Gestalt, dort für die XBox360 erschienen, ist identisch mit unserer im Westen veröffentlichten Version, sowie Nier Replicant, einer für den japanischen Markt optimierten Fassung. Der maßgebliche Unterschied zwischen diesen Spielen liegt in der Gestaltung des Protagonisten: Gestalt präsentiert einen rauen, älteren Vater, der nach einer Heilung für seine totkranke Tochter sucht, in Replicant wird dieser durch einen Bruder mit demselben Ziel ersetzt. Spielwelt und Missionen sind dabei weitestgehend identisch. Nachdem 2018 dann die Fortsetzung Nier: Automata erschien bedient man den westlichen Markt nun auch noch mit der Version, die uns bisher fehlte. In einem Remaster erscheint Nier Replicant ver.1.22474487139... - die ellenlange Nummer ist übrigens die Wurzel aus 1,5, eine Versionsbezeichnung, die wir bereits von Kingdom Hearts kennen. Die Nier-Serie ist übrigens ein Spin-Off der Drakengard-Reihe, die ihren Anfang auf der PlayStation 2 feierte.
Unsere Welt ist nahezu gänzlich zerstört, die Erdbevölkerung stark dezimiert. Unter den Überlebenden ist Nier, der auf seine von einer mysteriösen Krankheit befallenen Schwester aufpasst. Er verteidigt sie vor den umherstreifenden Monstern, den Schatten und versucht gleichzeitig ein Heilmittel zu finden. Eine Geschichte, die sich über eintausend Jahre hinzieht. Die Menschen haben sich aus den Ruinen der alten Welt zurückgezogen und wunderschöne, neue Städte gegründet, auch ohne die Technologien, die im Wandel der Zeiten verloren gingen. Doch auch die Schatten sind nach wie vor existent und bilden eine konstante Bedrohung, die sich zuspitzt als Niers Schwester Yonah von ihnen entführt wird. Um sie retten zu können geht der Junge einen Pakt mit einem magischen, sprechenden Buch ein, Grimoire Weiss, das ihm große Macht im Kampf gegen seine Feinde verleiht. Auf seiner Reise lernt Nier allerdings, dass die Welt nicht, wie bisher geglaubt, einfach nur schwarz oder weiß ist.
Das Besondere an Nier ist, dass die Story sich über mehrere Spieldurchläufe hinweg entwickelt. Mit fünf verschiedenen, aufeinander aufbauenden Enden entfaltet sich das gesamte Erlebnis erst durch mehrfaches, wiederholtes Spielen. Für ein JRPG ist die Story dafür auch sehr kurz gehalten und die Spielwelt äußerst übersichtlich - je nach Begeisterung für Nebenaufgaben, kann man die Hauptgeschichte bereits in 10-20 Stunden beenden. Vorteilhaft für das Erreichen der weiteren Enden ist ein New Game+, das das aktuelle Level und die bereits erarbeitete Ausrüstung beibehält, was Kämpfe und Fortschritt signifikant einfacher macht. Zudem startet das Game ab dem zweiten Durchlauf nicht mehr am Anfang, sondern ungefähr in der Mitte der Handlung, wodurch man kaum noch drei Stunden benötigt, um erneut das Ende zu erreichen. Nichts desto trotz spielt man dasselbe Spiel mit denselben Missionen immer und immer wieder. Schmackhafter macht einem das die Ergänzung von Story-Inhalten. So erfährt man im zweiten Durchlauf beispielsweise mehr über die Vorgeschichte von den Party-Mitgliedern Kainé und Emil sowie über die feindlichen Bosse, die damit eine völlig neue Dimension gewinnen und gegen die man dadurch eigentlich gar nicht mehr kämpfen möchte.
Unter anderem durch dieses bewusste Weglassen von Story-Schnippseln im ersten Durchlauf trumpft das Spiel allerdings mit einigen äußerst frustrierenden und schlichtweg nervigen Momenten und Eigenarten auf. Wie in jedem drittklassigen Rollenspiel wird man wie blöde hin und her geschickt für die albernsten Aufträge und das Game macht es einem dabei zusätzlich schwer, indem es keine Schnellreise-Funktionen zur Verfügung stellt - tatsächlich spielt es in Dialogen sogar direkt darauf an und macht sich quasi darüber lustig, dass es demonstrativ darauf verzichtet. Gerade die ersten Stunden des Spiels, die man ab dem zweiten Durchlauf zum Glück überspringt, sind absolute Tortur, die einen innerhalb von einer halben Stunde sicherlich fünf Mal in dasselbe Gebäude schicken, das umständlich auf einem Berg gelegen und mit einer Ladezeit beim Betreten und Verlassen gesegnet ist. Das Schlimme dabei ist vor allem, dass es keinen Mehrwert bietet und sich der Tiefgang der Geschichte tatsächlich erst in der letzten Stunde, bzw. in den darauffolgenden Spieldurchläufen entfaltet und das Meiste auf dem Weg dorthin kaum mehr als Botengänge sind.
Zugute muss man dem Spiel aber halten, dass es trotz dieses stupiden Aufbaus nicht langweilig wird, weil es viel herumexperimentiert und den Spieler in diverse Hommage entführt, die für einige Minuten sogar das Genre des Games verändern. Wir kriegen Shoot Em Up-Passagen serviert, Schieberätsel, durchstreifen quasi einen Nachbau des Herrenhauses aus Resident Evil 1 oder lesen uns durch ein Oldschool-Textadventure. Auch die Bosse sind unfassbar abwechslungsreich, sowohl optisch als auch von ihren Angriffen und Fähigkeiten.
Gameplay
Sichtlich bemüht die Aufmerksamkeit des Spielers trotz der lästigen Quests aufrechtzuerhalten, hat man sich beim Gameplay stark action-orientiert. Ähnlich wie bei Kingdom Hearts oder vielleicht sogar eher einem Hack and Slay drischt man durch energisches Knöpfedrücken auf seine Gegner ein. Man hat, ganz klassisch, eine leichte, schnelle und eine schwere, langsame Attacke und kann zusätzlich variieren, indem man seine Waffe sehr schnell innerhalb der drei vorgegebenen Kategorien wechseln kann. Zweihändige Schwerter verursachen immensen Schaden, sind aber unheimlich langsam und bieten dadurch viel Angriffsfläche. Speere sind schnell und haben eine große Reichweite bei weniger Schaden, wobei einhändige Schwerter den Mittelweg gehen. Das Spiel hält rund 30 Waffen bereit, die man finden oder sich verdienen kann und die sich sogar aufleveln lassen, wenn man die dafür notwendigen Materialien gefunden hat.
Ergänzend zu den Nahkampfangriffen des Protagonisten erhalten wir mit Grimoire Weiss an unserer Seite auch noch die Fähigkeit diverse Magieangriffe durchzuführen. Über den Spielverlauf werden sehr unterschiedliche Fähigkeiten freigeschaltet, die man sich jederzeit auf einen von zwei freien Slots legen kann, um so schnell und intuitiv im Kampf zaubern zu können. Mithilfe der sich durch das Besiegen von Gegnern auffüllenden Magieleiste kann man so beispielsweise Energielanzen auf selbst weit entfernte Feinde schleudern, sich mit rotierenden Messern umgeben oder eine riesige Faust manifestieren, die beim Aufschlag großen Schaden verursacht. Alle Fähigkeiten können durch längeres Gedrückthalten und Aufbrauchen von mehr Magie auch verstärkt werden. Im Kampf erhaltene, sogenannte Worte lassen sich sowohl auf die Magie als auch auf die Waffen anlegen, um diverse Attribute zu verbessern.
Davon abgesehen sind die Möglichkeiten, sich in Nier Replicant zu beschäftigen, eher eingeschränkt. Durch die sehr überschaubare Spielwelt mit ihren lediglich sieben kleinen Orten lädt das Game nicht gerade zum Erkunden ein und die Nebenaufgaben erfordern es zum Großteil etwas von Punkt A zu B zu bringen oder eine bestimmte Anzahl von Materialien zu sammeln - so stumpf also, wie es in einem Rollenspiel überhaupt werden kann. Nur zu gerne flüchtet man sich da in die Kämpfe.
Grafik
Uns liegt hier ein Remaster vor und das sollte inzwischen keine allzu großen Erwartungen mehr schüren. Im Vergleich zur elf Jahre alten Urfassung wurden einige Verbesserungen gemacht, allerdings keine, die uns zur Zeiten einer PS5 noch beeindrucken könnten. Signifikanter ist da vielleicht, gerade für Fans der Reihe, dass man die Charaktermodelle noch einmal angepackt hat. Mir persönlich wirkten all Gesichter viel zu glatt und dadurch auch irgendwie zu ähnlich und ich habe auch schon von Fans gehört, die gerade bei Kainé schwer schlucken mussten, die ihren markanten Blick und ihre spitze Nase einbüßen musste. Dabei hätte das sicherlich hervorragend zu ihrer spitzen Zunge gepasst, mit der sie sich ansonsten zum stärksten Charakter im Spiel hochhangelt.
Auch die Bosse überzeugen eher mit ihren Fähigkeiten und ihren Vorgeschichten als mit ihrem Design, das in der Regel deutlich einfacher gehalten ist als man es vielleicht von einem Genrekollegen wie Final Fantasy oder Persona gewohnt ist.
Cover & Bilder © SQUARE ENIX CO., LTD. All Rights Reserved. Developed by Toylogic Inc. Das Fazit von: LorD Avenger
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