Lamb

Lamb

Originaltitel: Dýrið
Genre: Mystery • Fantasy • Drama • Horror
Regie: Valdimar Jóhannsson
Hauptdarsteller: Noomi Rapace • Hilmir Snær Guðnason
Laufzeit: DVD (102 Min) • BD (106 Min)
Label: Koch Films GmbH
FSK 16

Lamb   10.04.2022 von MarS

Mit Lamb präsentiert uns Koch Films mal wieder einen Beitrag aus der Kategorie "WTF?", der sich mit seiner genreübergreifenden Inszenierung nur schwerlich irgendwo einordnen lässt. Wir haben uns den Debütfilm des isländischen Filmemachers Valdimar Jóhannsson für Euch angesehen...

 

Inhalt

 

Maria (Noomi Rapace) und Ingvar (Hilmir Snær Guðnason) sind Schafzüchter, die sich mit ihrem einfachen Leben in der Abgeschiedenheit der isländischen Berge längst arrangiert haben. Als eines ihrer Schafe ein seltsames Wesen gebärt, nehmen Maria und Ingvar es bei sich auf, um es wie ihr eigenes Kind aufzuziehen. Sie geben dem Geschöpf den Namen Ada, und finden schließlich neue Hoffnung in ihrem unerwarteten Familienglück. Das vermeintliche Idyll wird jedoch getrübt, als eines Tages Ingvars Bruder Pétur (Björn Hlynur Haraldsson) auf dem Hof auftaucht...

 

Ari Asters Hereditary - Das Vermächtnis und Midsommar waren Euch noch zu Mainstream? Robert Eggers The VVitch und Der Leuchtturm haben Euch fasziniert? Ihr lasst lieber Euren eigenen Gedanken freien Lauf, und wollt nicht jedes Detail eines Films vorgekaut bekommen? Dann seid Ihr in der Welt von Lamb perfekt aufgehoben...

 

Wer sich voll und ganz auf Lamb einlassen möchte, der sollte im Vorfeld möglichst wenig über den Film wissen. Dementsprechend gilt ab hier eine Spoilerwarnung, die wir jedoch direkt auch für den Trailer zum Film aussprechen. Für das volle Erlebnis springt an dieser Stelle am besten direkt zu unserem Fazit...

 

Angesiedelt irgendwo zwischen Familiendrama und nordischer Mythologie, zudem angereichert durch Fantasy- und Horrorelemente, führt uns Valdimar Jóhannsson in eine Welt, die genauso gut postapokalyptisch, ja sogar in einem gänzlich eigenständigen Universum angesiedelt sein könnte. Nur wenige kurze Hinweise deuten auf reale Abgeschiedenheit oder freiwillige Isolation hin, während man sich die übrige Zeit in einem der Natur zugewandten Mikrokosmos wiederfindet. Eigentlich basiert dieser Kosmos auf der Harmonie zwischen Mensch und Natur, doch immer wieder stellt Lamb klar, dass beide Seiten stets versuchen, ihre Dominanz zu beweisen. Der Mensch als Eindringling, als Herr über alles, das er selbst erschaffen hat, aber auch über alles, das er zu kontrollieren in der Lage ist. Die Natur als Gegenpol, übermächtig, gewaltig, und keiner Kontrolle oder Beschränkung untergeben. Der stetige Konflikt zwischen Mensch und Natur ist hier das zentrale Element, das sich in jedem kleinen Detail finden lässt, angefangen beim Kontrast zwischen der unendlich wirkenden Bergwelt Islands und dem darin winzig erscheinenden Hof der Schafzüchter, über den Widersprich aus dem Leben mit der Natur und ihrer Zweckdienlichkeit, bis hin zur Dualität Adas, ein auf lange Sicht harmonisches Miteinander scheint unmöglich zu sein. Lamb ist ein Film über Verlust und Trauer, über uneingeschränkte Liebe und Hoffnung, aber auch über die Macht der Natur, die einen immer wieder spüren lässt, wie klein und unbedeutend man eigentlich ist, und wie wenig man in der Lage ist, sich über ihren Willen hinwegzusetzen.

 

Erzählerisch gleicht sich Lamb unterdessen an den Kreislauf der Natur an. Zeit ist hier relativ, hat keine Relevanz. Weder der Mensch, noch die Natur, haben es eilig. Die Handlung lässt sich sehr viel Zeit, entwickelt sich schleichend, ohne viel Tempo. Unterstützt wird dieser Eindruck noch zusätzlich dadurch, dass das Geschehen im isländischen Sommer angesiedelt ist, zur Zeit der Mitternachtssonne, und es dementsprechend eigentlich niemals dunkel ist. Die Grenzen zwischen Tag und Nacht verschwimmen, ebenso wie die erzählerischen Grenzen zwischen Realität und Mythologie. Als Zuschauer wird man dadurch - zumindest zunächst - davon abgehalten, die Ereignisse zu hinterfragen, nimmt die Situation als gegeben hin. Das alles sorgt für eine ganz eigene, mystische Atmosphäre, die selbst in den idyllischsten, friedfertigsten Momenten, stets eine gewisse Melancholie ausstrahlt, sowie von einem drohenden Unheil kündet. Von Beginn an ist klar, dass die Reise ein jähes und unschönes Ende finden wird. Hilfreich sind dabei die Leistungen der Darsteller, die innerhalb des minimalistischen Geschehens selbst den skurrilsten Momenten eine intensive Glaubwürdigkeit entlocken, und die Erzählung mit wenigen, aber gezielten Dialogen, vielmehr aber mit Ausdruck und Gestik, durchwegs fesselnd gestalten, bis es zum kurzen, aber einschlägigen Höhepunkt und damit dem finalen WTF?-Moment kommt - der den Zuschauer einfach ohne jegliche Rücksicht mit seinen Gedanken zurücklässt... 

 

Bildergalerie von Lamb (4 Bilder)

Details der Blu-ray

 

Abgesehen von einer feinen, niemals aufdringlichen Körnung ist das Bild der Blu-ray sehr scharf, detailreich und sauber. Kontrast und Schwarzwert sind sehr gut eingestellt, die Farbgestaltung ist leicht entsättigt, aber durchwegs natürlich. Die Tonspur bietet eine angenehme Dynamik sowie ein wohldosiertes Sounddesign, das sich ansprechend im Raum verteilt und für eine tolle Atmosphäre sorgt. Dialoge, Umgebungsgeräusche und stets passender, dezent eingesetzter Score sind harmonisch aufeinander abgestimmt und werden durchwegs klar wiedergegeben. 



Cover & Bilder © Koch Films GmbH


Das Fazit von: MarS

MarS

Lamb ist kein Film, den man sich einfach mal Zwischendurch anschauen kann. Lamb erfordert Aufmerksamkeit, verlangt es, zwischen den Zeilen zu lesen, und Bedarf einer nachträglichen Reflexion über das Gesehene. Lamb ist zweifellos ein Kunstwerk von einem Film, aber wie jedes Kunstwerk liegt die Schönheit auch hier im Auge des Betrachters. Die einen werden Lamb grandios finden, die anderen werden ihn für bizarren Unsinn halten. Sicherlich ist Valdimar Jóhannssons Langfilmdebüt aber ein Werk, das sich nicht in eine Schublade stecken lässt, und es jedem Zuschauer sowohl erzählerisch, wie auch inhaltlich, extrem schwer macht. 


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