Summerland
|
BEWERTUNG |
18.05.2023 von Dan DeMento
Summerland schwimmt im Fahrwasser einer ganzen Reihe recht ähnlich gelagerter Filme, kostümlastige Inszenierungen mit einsamen, weiblichen, missverstandenen Schriftstellerinnen. Was den Film mit Ex-Bondgirl Gemma Arterton aber von all den anderen Filmen unterscheidet und warum er vielleicht gerade deswegen einen Blick wert ist - Das verraten wir euch.
Inhalt:
Alice Lamb (Gemma Arterton) lebt zurückgezogen in ihrem Haus am Strand, verfasst wissenschaftliche Abhandlungen über "Summerland", ihre Vorstellung des Jenseits, hasst die Menschen in ihrem Dorf, und ganz besonders hasst sie Kinder. Entsprechend groß ist die Freude, als ihr Frank (Lucas Bond), ein im Zuge der deutschen Luftangriffe auf London evakuierter Junge, zugeteilt wird, um den sie sich fortan zu kümmern habe. Aus der anfänglichen Abneigung erwächst jedoch eine zarte Freundschaft. Und während sie ihr Bestes gibt, Frank durch diese harte Zeit in seinem Leben zu helfen, muss sie sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen - ohne zu ahnen, dass ihre Schicksale enger verknüpft sind, als sie beide wissen.
Wie eingangs erwähnt, wirft man einen Blick auf das Cover von Summerland, so hat man den Eindruck, diesen Film schon mindestens vier mal gesehen zu haben. Die unverstandene, einsame und sensible Schriftstellerin, die nur auf ihren Prinzen auf dem weißen Pferd wartet, um in den Sonnenuntergang zu entschwinden und die Zielgruppe Freudentränen weinend auf dem heimischen Sofa zurückzulassen. Und als wäre Regisseurin und Autorin Jessica Swale genau das klar gewesen, bekommen wir direkt in den ersten Minuten den Gegenbeweis geliefert. Denn ihre Alice Lamb ist zwar alleine, bestimmt auch unverstanden und - auf eine Weise - auch Schriftstellerin, vor allem aber ist sie ein richtiges Arschloch, die kleinen Kindern die Schokolade klaut, ihre Mitmenschen ignoriert und einfach ihr Ding macht. Und auch auf den Prinzen und das Pferd kann der Zuschauer lange warten.
Und so ist es plötzlich viel einfacher, mit ihr zu fühlen, denn auch in all ihrer anfänglichen Misanthropie wird sie nie zum Klischee, und auch wenn sie nicht gerade überschwänglich freundlich zu dem kleinen Störenfried ist, der plötzlich bei ihr wohnt, so kümmert sie sich doch um ihn, und wenn sie versehentlich seine Gefühle verletzt, entschuldigt sie sich. So bleibt nicht nur die Geschichte, sondern auch die Figuren in ihr durchgehend glaubwürdig und man ist an ihrem Schicksal tatsächlich interessiert.
Selbstverständlich verliert sich auch Summerland gelegentlich in seinen Klischees und so manche überraschende Wendung ist, wenn man aufmerksam ist, vielleicht ganz nicht sooo überraschend, aber im Großen und Ganzen macht das nichts. Denn der Film lebt primär von seinen Emotionen, und die liefert er in allen Höhen und Tiefen. Der Zuschauer darf lachen, weinen, philosophieren und sich ärgern, aber alles in einem - bei aller Schrecklichkeit des ständig präsenten Weltkriegs - durchwegs positiven Setting. Jede noch so kleine Nebenfigur bekommt Tiefe und erzählt ihre eigene Geschichte, ohne dass man groß mit dem Kopf darauf gestoßen wird.
Und natürlich leben ebendiese Figuren primär von den Menschen, die sie spielen, und gerade Hauptdarstellerin Emma Arterton tut das hervorragend. Nach ihrem Durchbruch als Bondgirl in Ein Quantum Trost, wo ihre Aufgabe doch primär darin bestand, jung und hinreißend zu sein, durfte sie schon kurz darauf in Runner Runner, und noch etwas mehr in The Girl with All the Gifts zeigen, dass sie deutlich mehr zu bieten hat. Und so spielt sie Alice Lamb mit einer Mischung aus Zynismus und Verletzlichkeit, die jede Emotion ihrer Figur glaubwürdig macht. Die weit größere Überraschung ist aber der zum Drehzeitpunk 15jährige Lucas Bond (somit ist Gemma Arterton eigentlich schon wieder ein Bondgirl...), der Frank spielt. Schauspieler in diesem Alter neigen dazu, entweder viel zu wenig oder viel zu viel zu tun, Lucas Bond macht aber beide Fehler nicht. So führen die beiden Figuren durch den Film und lassen den Zuschauer an ihrem Schicksal Anteil nehmen.
So ist Summerland abschließend eine wirkliche Überraschung und ein durchwegs unterhaltsamer Film, der mit seiner sensiblen Behandlung der essentiellen Themen Liebe und Tod durchaus das Zeug zum Klassiker hätte.
Details der DVD:
Summerland erscheint hierzulande nur auf DVD und diese bringt natürlich ihre systembedingten Einschränkungen mit. Im Rahmen dessen sind Bild und Ton aber wirklich ordentlich. Es gibt keinerlei Störungen, alles ist eine runde Sache. Als Bonusmaterial gibt es lediglich den Trailer des Films.
Cover & Bilder © capelight pictures OHG / © Michael Wharley Das Fazit von: Dan DeMento
|
|
Kommentare[X]