Nocturne

Nocturne

Genre: Set Collection • Bieten
Autor: David Iezzi
Illustrator: Beth Sobel
Spieleverlag: Flatout Games, AEG, Kosmos
Empfohlenes Alter: 12+ Jahre
Spieldauer: 45-60 Minuten

Nocturne   12.08.2025 von 2-PL4Y3R5

Nocturne ist eine Neuerscheinung, die etwas unter dem Radar zu laufen scheint. Vielleicht liegt es wieder am Marketing? Das Artwork auf der Spielschachtel jedenfalls entspricht nicht wirklich dem, was sich darin befindet: ein kurzweiliges, Familien-taugliches Set Collection Spiel mit innovativem Biet-Mechanismus. Nocturne mag nicht der Megahit sein, hat aber durchaus seinen Reiz und sollte meiner Meinung nach gerade unter den Familienspielern seine Anhänger finden. Warum es bei Kosmos als Kennerspiel läuft, erschließt sich mir nicht. In dieser Rezension versuche ich herauszuarbeiten, für wen Nocturne wirklich etwas ist, und wer vielleicht eher die Finger davonlassen sollte.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Nocturne gibt es schon für kleines Geld zu kaufen. Dafür kommt die Spieleschachtel vollgepackt mit Spielmaterial. 80 dicke Plättchen aus Pappe, fast 100 Karten und über 50 bedruckte, Spielsteine in verschiedenen Farben aus Holz. Das Artwork mag Geschmackssache sein, aber die Qualität und Quantität des Spielmaterials ist schonmal vielversprechend.

 

Die Spielvorbereitung geht zügig. In der Tischmitte wird für die Plättchen-Auslage Platz benötigt. Alle 80 Objekt-Plättchen werden verdeckt gemischt und dann, abhängig von der Spielerzahl, ein Raster aus 4x4, 4x5 bzw. 5x5 Plättchen offen ausgelegt. Die übrigen Plättchen werden als verdeckte Stapel daneben platziert.

 

Diese Objekt-Plättchen möchten die Spieler im Spielverlauf sammeln, indem sie mit ihren Zaubermarkern darauf bieten. Die Plättchen geben am Spielende eine unterschiedliche Menge Siegpunkte, zum Teil auch abhängig davon wie viele man von der entsprechenden Art gesammelt hat. Neben den oben rechts auf jedem Plättchen angegebenen Informationen zu den Siegpunkten, zeigen die Plättchen oben links verschiedene Symbole, die eine zweite „Set Collection“ Ebene darstellen. Hier spielen die Mixturkarten eine Rolle, die vorgeben, welche Kombination dieser Symbole am Spielende extra Siegpunkte geben.

 

Jeder Spieler erhält eine zufällige Start-Mixturkarte, mit violettem Kartenrücken. Die weiteren Mixturkarten haben einen grauen Kartenrücken und werden als verdeckter Nachziehstapel bereitgelegt. Diese Karten erhält man immer dann, wenn man als Höchstbietender ein Plättchen der Art „uralter Runenstein“ bekommt.

 

Neben dem Plättchen-Raster in der Tischmitte wird die Waldgeist-Tafel platziert. Auch hier werden abhängig von der Spieleranzahl 4 bis 6 Plättchen offen ausgelegt. Sie werden – vereinfacht betrachtet – am Ende eines Durchgangs an diejenigen Verteilt, die beim Bieten um die Plättchen des Rasters häufiger den Kürzeren gezogen haben.

 

In Nocturne gibt es zwei weitere Kartenstapel: von den Dämmerung- und Mondlicht-Zielkarten werden jeweils drei zufällige gezogen. Die Dämmerung-Karten werden offen ausgelegt und stellen Zielkarten für den ersten Durchgang dar. Die Mondlicht-Karten bleiben verdeckt und kommen erst im zweiten Durchgang ins Spiel.

 

Nun nimmt sich jeder Spieler eine Charakterkarte und dann alle Holz-Marker einer Spielerfarbe seiner Wahl: hellblau, orange, hellgrün oder pink. Die Charakterkarte zeigt eine Spezial-Fähigkeit, die einmal während einer Partie verwendet werden darf und ein Symbol, das im Rahmen der Endwertung zur Verfügung steht. Unter den Holz-Chips befindet sich ein Gepasst-Marker. Die übrigen Chips werden als Zaubermarker bezeichnet und allesamt für das Bieten auf die Plättchen in der Tischmitte verwendet. Ein Zaubermarker mit höherer Zahl überbietet alle Zaubermarker mit niedrigeren Zahlen. Der Zaubermarker mit dem Stern überbietet alle anderen Zaubermarker. Abhängig von der Spielerzahl legt jeder Spieler null bis zwei Zaubermarker zurück in die Spielschachtel.

 

Neben den Zaubermarkern in Spielerfarbe gibt es noch die Schatten-Zaubermarker. Sie werden offen ausgelegt und können am Ende des ersten Durchgangs erhalten werden, um den eigenen Pool an Zaubermarkern zu verbessern. Nun kann es losgehen: der Spieler, der zuletzt im Wald war, beginnt.

 

 Das Spielziel

 

Nocturne gewinnt derjenige Spieler, der zum Spielende die meisten Siegpunkte gesammelt hat. Während des Spiels gibt es keine Siegpunkte festzuhalten. Alles wird in der Endwertung verrechnet, mithilfe eines praktischen Wertungsblocks. Wofür gibt es Punkte? Die ersten fünf Wertungskategorien entsprechen den fünf Objekt-Plättchen-Arten mit den Symbolen Schädel (blau), Feuerfeder (braun), Pilz (lila), Kräuter (grün) und Ei (pink). Schädel geben die abgedruckten Siegpunkte, Feuerfedern geben mehr Siegpunkte, je mehr man davon hat, Pilze geben Siegpunkte abhängig von Anzahl und Typ, und so weiter.

 

Viele Siegpunkte gibt es auch für die Erfüllung von Zielen: die Start-Mixturkarte und alle weiteren Mixturkarten, die man über Plättchen mit uralten Runensteinen erhalten hat geben Punkte, wenn man die abgedruckten Symbole auf Plättchen in seiner Auslage hat. Dämmerung-Zielkarten sammelt man im Durchgang 1 und Mondlicht-Zielkarten kann man im zweiten Durchgang erfüllen; erfüllte Zielkarten geben meist jeweils 3 Punkte. Zaubermarker, die man in Durchgang 2 nicht verwendet hat, sind nochmal 2 Siegpunkte wert. Zuletzt gibt es noch einen Siegpunkt Abzug für jedes Plättchen mit einer verfluchten Schatztruhe – aber keine Angst: sie sind es wert gewesen.

 

Der Spielablauf

 

Nocturne wird in zwei Durchgängen gespielt, die Dämmerung und Mondlicht genannt werden. Beide Durchgänge verlaufen weitestgehend identisch und gliedern sich in mehrere Biet-Runden, bis alle gepasst haben oder keine Plättchen mehr im Raster liegen. Im Anschluss an jedem Durchgang werden noch die Plättchen auf der Waldgeist-Tafel verteilt. Zwischen Dämmerung und Mondlicht gibt es eine weitere Phase, in der unter anderem ein neues Plättchen-Raster ausgelegt, die Zielkarten ausgetauscht und Schatten-Zaubermarker verteilt werden. Im Folgenden beschreibe ich den Spielablauf noch einmal im Detail.

 

Die Partie beginnt mit dem Durchgang „Dämmerung“. Der Startspieler in jedem Durchgang muss seinen Zaubermarker mit der niedrigsten Wertigkeit auf ein beliebiges Plättchen im Raster platzieren, aber jeweils nur in der ersten Biet-Runde. Danach ist der nächste Spieler am Zug und muss einen höherwertigeren Zaubermarker auf ein orthogonal benachbartes Plättchen platzieren. Das wird so lange wiederholt, bis kein anderer Spieler mehr überbieten kann oder möchte. Dann passiert Folgendes: der Spieler, der in der laufenden Runde zuletzt, also den höchstwertigsten Zaubermarker platziert hat, erhält das Plättchen, auf das dieser Zaubermarker platziert wurde. Der Zaubermarker selbst wird umgedreht und verbleibt an der Stelle des Plättchens im Raster. Alle anderen Spieler dürfen sich entscheiden einen der Zaubermarker, mit denen sie in der aktuellen Runde geboten haben, auf die Waldgeist-Tafel zu legen und somit eine Chance auf die Plättchen dort zu erhalten, sollte ihr Zaubermarker am Ende des Durchgangs noch auf der Tafel liegen. Denn beim Platzieren von Zaubermarkern auf die Waldgeist-Tafel werden niederwertigere Zaubermarker nach rechts verdrängt und können auch komplett von der Tafel geschoben werden, wenn die Anzahl der platzierten Marker größer wird als die Anzahl der ausliegenden Plättchen auf der Tafel.

 

Was passiert dann? Alle Zaubermarker, die nicht für das erfolgreiche Gebot auf das Plättchen verwendet oder auf die Waldgeist-Tafel gelegt wurden, kommen zurück in den persönlichen Vorrat der Spieler und können für zukünftige Biet-Runden verwendet werden. Die nächste Biet-Runde startet derjenige Spieler, der gerade das Höchstgebot abgegeben hatte und das Plättchen nehmen durfte. Er muss das neue Startgebot erneut auf ein benachbartes Plättchen legen.

 

Im Spielverlauf werden immer mehr Plättchen aus dem Raster verschwinden und durch Zaubermarker ersetzt. Das führt dazu, dass Plättchen auch isoliert werden können, das heißt keine benachbarten Plättchen mehr haben. Platziert ein Spieler einen Zaubermarker auf ein isoliertes Plättchen, kann er nicht überboten werden, weil es keine benachbarten Plättchen gibt. Super Taktik. Als Strafe muss er dann aber in der kommenden Runde passen und ist daher nicht erneut Startspieler. Der nächste Spieler in Spielerreihenfolge darf das Startgebot auf ein beliebiges Plättchen im Raster legen.

 

Ich hatte bereits in der Wertung die meisten Plättchen-Arten erklärt: diese geben Siegpunkte im Rahmen von Set Collection Regeln, die auf den Plättchen aufgedruckt sind. Es gibt aber noch drei weitere Plättchen-Arten: Spiegelsteine können in der Wertung als beliebiges Plättchen gezählt werden. Verfluchte Schatztruhen erlauben es direkt drei Plättchen von einem verdeckten Stapel zu ziehen und sich eins davon auszusuchen. Und uralte Runensteine ermöglichen es drei Mixtur-Karten vom Stapel zu ziehen und sich hiervor eine auszusuchen. Zuletzt ist noch wichtig zu bedenken: sobald eine Dämmerung-Zielkarte von einem aktiven Spieler erfüllt wird, darf er sich diese Karte nehmen und bekommt am Spielende die entsprechenden Punkte.

 

Passen alle Spieler nacheinander oder sind alle Plättchen im Raster weg, endet der Durchgang. Nun wird das Ende der Dämmerung in insgesamt sieben Schritten abgehandelt. Zuerst werden die Plättchen auf der Waldgeist-Tafel verteilt. Die Spieler dürfen sich in der Reihenfolge ihrer Zaubermarker auf der Waldgeist-Tafel ein noch verfügbares Plättchen aussuchen. Wer hier also hochwertigere Zaubermarker „geopfert“ hat, kommt früher dran. In Schritt 2 werden Spieler belohnt, die nicht alle Zaubermarker ausgegeben haben. Sie dürfen sich für jeden Marker, den sie übrig haben einen Schatten-Zaubermarker nehmen; diese haben Wertigkeiten von 5 bis 10 und sind daher mächtiger als die Standard-Zaubermarker. Die Auswahl-Reihenfolge wird auch hier von der Wertigkeit der Zaubermarker bestimmt: Spieler, welche hochwertigere Zaubermarker übrighaben, bekommen auch Zugriff auf hochwertigere Schatten-Zaubermarker.

 

Die restlichen Phasen sind „Upkeep“: jeder Spieler nimmt sich seine Zaubermarker zurück und muss dann so viele Zaubermarker abgeben, wie er Schatten-Zaubermarker erhalten hat. So startet jeder Spieler mit derselben Anzahl an Zaubermarker in den zweiten Durchgang – allerdings mit unterschiedlichen Wertigkeiten. Dann werden die drei neuen Mondlicht-Zielkarten aufgedeckt und die ggf. übrigen Dämmerung-Zielkarten abgeworfen, und das Raster sowie die Waldgeist-Tafel mit neuen Plättchen befüllt.

 

Der zweite Durchgang „Mondlicht“ verläuft - identisch zum ersten Durchgang - in mehreren Biet-Runden, bis alle gepasst haben oder keine Plättchen mehr im Raster liegen. Es gibt lediglich zwei Besonderheiten. Zum einen können die Mondlicht-Zielkarten von allen Spielern erfüllt werden, auch mehrmalig. Bei den Zielen der Mondlicht-Zielkarten geht es darum Zaubermarker in verschiedenen Gruppierungen und Mustern im Raster zu platzieren, was sich von den Zielen der Dämmerung-Zielkarten unterscheidet. Zum anderen haben die Spieler im zweiten Durchgang Schatten-Zaubermarker. Diese verschaffen Vorteile beim Bieten, da Spieler mit diesen Markern ihre durchschnittliche Zaubermarker-Wertigkeit erhöht haben. Zum Ausgleich dürfen die Schattenmarker allerdings nicht für die Wertung der Zaubermarker-Muster auf Mondlicht-Zielkarten verwendet, und auch nicht auf die Waldgeist-Tafel platziert werden.

 

Am Ende des zweiten Durchgangs erfolgt die Schlusswertung. Davor muss noch in Spielerreihenfolge bestimmt werden, welche anderen Plättchen im eigenen Vorrat die eigenen Spiegelsteine kopieren sollen, da dies z.B. die Mehrheitswertung der Plättchen-Art „geheimnisvolle Eier“ beeinflussen kann. Der Wertungsblock hilft bei der Schlusswertung; der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

 

 

Bildergalerie von Nocturne (15 Bilder)

Spielmaterial

 

Allgemeines Spielmaterial

  • 1 Waldgeist-Tafel
  • 1 Wertungsblock
  • 44 Zaubermarker (11 pro Spielerfarbe mit Zahlen 1-7 und Stern)
  • 6 Schatten-Zaubermarker (mit Zahlen 5-10)
  • 4 Gepasst-Marker (1 pro Spielerfarbe)

 

80 Objekt-Plättchen

  • 12 Schädel (3 Arten, je 4x)
  • 12 Feuerfedern
  • 10 Uralte Runensteine (5 Arten, je 2x)
  • 12 Kräuter (6 Arten, je 2x)
  • 12 Geheimnisvolle Eier
  • 5 verfluchte Schatztruhen
  • 12 Pilze (2 Arten, 5x und 7x)
  • 5 Spiegelsteine

 

97 Karten

  • 12 Dämmerung-Zielkarten
  • 12 Mondlicht-Zielkarten
  • 10 Start-Mixturkarten
  • 35 weitere Mixturkarten
  • 24 Karten für den Solo-Modus
  • 4 doppelseitige Charakterkarten


Cover & Bilder © Cover: Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Nocturne bietet kurzweiligen Spielspaß für die Familie. Letztlich geht es ausschließlich darum Set Collection zu betreiben, auf zwei Ebenen: Plättchen und Symbole. Zielkarten, um deren Erfüllung die Spieler konkurrieren bringen etwas Konkurrenzdruck ins Spiel.

Der besondere Clou an Nocturne ist der Biet-Mechanismus, mit dem man an die Plättchen mit den verschiedenen Symbolen gelangt. Ich bin kein Fan von klassischen Biet-Mechanismen, aber in Nocturne hat das Bieten wirklich Spaß gemacht. Denn man bietet nicht einfach abwechselnd auf ein bestimmtes Plättchen und der Höchstbietende gewinnt. Stattdessen müssen zwar der Reihe nach höherwertigere Biet-Marker (so genannte Zaubermarker) gelegt werden, aber jeder neu platzierte Zaubermarker muss auf ein Plättchen gelegt werden, das an das zuvor gewählte Plättchen angrenzt. Wird man überboten, erhält also niemand das gewählte Plättchen in der laufenden Runde, sondern eben ein benachbartes. Mit dem Bieten entscheidet man sich also auch, ob man die Richtung zu einem bestimmten Plättchen oder von einem bestimmten Plättchen weg einschlägt; wenn man unter Umständen wieder am Zug ist, kann man beim eigentlichen Plättchen seiner Wahl den Sack zu machen. Dieser Mechanismus hat mir sehr gut gefallen, weil er im Vergleich zum klassischen Bieten zusätzliche Strategieebenen freimacht. Und Set Collection an sich macht irgendwie immer Spaß, besonders, wenn gegen Ende auch alle Pläne aufgehen.

 

Balancing/Glücksfaktor: Im fortgeschrittenen Modus erhalten die vier Charakterkarten eine einzigartige Fähigkeit, die allerdings nur einmal während einer Partie verwendet werden darf. Diese Fähigkeit ist neben einem Start-Symbol auf der Charakter-Karte die einzige Asymmetrie in Nocturne, sodass Balancing kaum eine Rolle spielt.

Auch Glücksfaktoren sind eher limitiert, was Nocturne zu einem reinen Strategiespiel macht. Allerdings hat man wegen einer hohen Spielerinteraktion durch den Biet-Mechanismus nicht volle Kontrolle über das Spielgeschehen, sodass sich ein eher kompetitives Spielerlebnis ergibt, wenig vergleichbar mit einem klassischen Euro.

Wie sehen nun die Glückselemente abseits der unvorhersehbaren Entscheidungen der Mitspieler aus? Es werden in einer Partie niemals alle Plättchen aufgedeckt, sodass es sein kann, dass man im ersten Durchgang auf das Sammeln von Feuerfedern geht, die erst bei hoher Anzahl richtig viele Punkte geben, aber im zweiten Durchgang dann keine Feuerfedern mehr kommen. Außerdem gibt es zwei Plättchen-Arten, uralte Runensteine und verfluchte Schatztruhen, mit denen man zufällige Zielkarten oder Plättchen vom Nachziehstapel erhalten kann. Allerdings zieht man in beiden Fällen drei Karten bzw. Plättchen und darf sich jeweils eines aussuchen, sodass eigentlich immer etwas Passendes dabei ist. Der Rest ist Strategie und Planung, welche allerdings in vielen Fällen durch die Handlungen der Mitspieler durchkreuzt wird.

 

Komplexität/Regeln: Laut Kosmos handelt es sich um ein Kennerspiel ab 12 Jahre. Die meisten Kennerspieler würden hier sicher widersprechen, so auch ich. Nocturne ist ein gehobenes Familienspiel, das bereits spielerfahrene Kinder ab 8 Jahren spielen können. Die Regeln sind in wenigen Minuten erklärt. Die Kernmechanik ist einfach und intuitiv: immer höherwertigere Zaubermarker werden reihum in Spielerreihenfolge auf nebeneinanderliegende Plättchen im Raster gelegt, bis niemand mehr überbietet. Der Höchstbietende bekommt das Plättchen, auf das der letzte und hochwertigste Zaubermarker gelegt wurde. Dann geht es nur noch darum zu verstehen, welche Plättchen einem am meisten Punkte geben und zu entscheiden, ob man hochwertige Zaubermarker für ein bestimmtes Plättchen ausgeben möchte oder besser passt.

Und wem die vollständige Regel dennoch zu komplex ist: die Regel hält sogar eine Variante für ein vereinfachtes Spiel mit weniger Regeln bereit, das Nocturne wirklich zu einem simplen Familienspiel macht: keine Waldgeist-Tafel, keine Schatten-Zaubermarker, keine Zielkarten. Und auch Mixturkarten und die Plättchen-Art „uralter Runenstein“ können aus dem Spiel entfernt werden. Damit reduziert sich Nocturne vollständig auf das Sammeln der Plättchen durch Bieten.

Die Regel in Nocturne hat insgesamt 20 Seiten. Der Spielablauf ist auf 6 Seiten beschrieben, sehr ausführlich, mit Abbildungen und Beispielen. Die Regel beinhaltet auch eine Beschreibung aller Zielkarten und eine Regelübersicht auf der Rückseite. Etwas schöner wäre es gewesen eine Regelübersicht in Form einer Karte für jeden Spieler zu haben, da zumindest in den ersten Partien der Ablauf am zwischen den beiden Durchgängen nachgeschaut werden muss, um nichts zu vergessen.

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Der Biet-Mechanismus ist das zentrale Spielelement in Nocturne, der auch den wesentlichen Beitrag zur Spielerinteraktion liefert. Denn mit seinem Gebot bestimmt man auch auf welche Plättchen der nächste Spieler bieten kann. Und auch, welches Plättchen der nächste Spieler auf keinen Fall erhalten wird: nämlich das Plättchen, auf das man gerade selbst geboten hat. Eine weitere wichtige Interaktion gibt es auf der Waldgeist-Tafel: immer, wenn ein eigenes Gebot nicht erfolgreich ist, darf man einen seiner Zaubermarker auf die Waldgeist-Tafel legen. Spieler mit Marker auf der Waldgeist-Tafel dürfen am Ende des Durchgangs von dort Plättchen aussuchen; das kann zum Game-Changer werden. Besonders fies: höherwertigere Zaubermarker schieben niederwertigere nach rechts und bei zu vielen Markern auch ganz von der Tafel und am Ende des Durchgangs dürfen Spieler in Zaubermarker-Reihenfolge Plättchen wählen. Ansonsten gibt es noch die Zielkarten zu erwähnen, um deren Erfüllung die Spieler konkurrieren. Das ist besonders im ersten Durchgang relevant, denn hier kann jede Zielkarte nur von einem Spieler erfüllt werden. Und bei der Plättchen-Art „geheimnisvolle Eier“ geht es in der Wertung darum, wer am Spielende die meisten davon hat.

Nicht nur wegen der Interaktion ist die Spieldynamik in Nocturne von der Spielerzahl abhängig. So wird bei mehreren Spielern zwar das Plättchen-Raster erweitert; dennoch gibt es bei niedrigerer Spielerzahl pro Spieler mehr Plättchen im Raster: in 2-Personen-Partien 8 (4x4/2), in 3-Personen-Partien 6,6 (4x5/3) und in 4-Personen-Partien 6,25 (5x5/4). Gleichzeitig wird mit mehreren Spielern auch die Konkurrenz größer und es wird schwieriger vorauszuplanen, auch innerhalb einer Biet-Runde, weil eben drei Spieler am Zug sind, bis man selbst wieder bieten darf. Es wird viel wahrscheinlicher, dass man nur zweimal oder gar nur einmal, während einer Biet-Runde drankommt. Insgesamt sind Mehrspielerpartien auch über Runden hinweg bzgl. Set Collection viel weniger planbar, weil die Plättchen, auf die man mit einer guten Chance bieten kann, viel willkürlicher – eben durch die Aktionen der Mitspieler – ausgewählt sind. In meinen 2-Spieler-Partien spielte sich Nocturne dagegen viel taktischer und schachartiger und hat mir daher in dieser Konstellation besser gefallen.

 

Spieldauer: Auf der Spielschachtel steht 45-60 Minuten. In unserer Erstpartie zu zweit haben wir etwa 40 Minuten benötigt. Nocturne spielt sich angenehm schnell. Viele Entscheidungen gibt es auch nicht zu treffen: ist man am Zug, hat man maximal vier Plättchen zur Auswahl, auf die man bieten kann. Gut, etwas nachdenken könnte man noch; und zwar darüber wie hoch man bietet, abhängig davon welche Zaubermarker-Wertigkeiten der Spieler noch zur Verfügung hat, der danach am Zug ist. Wir reden hier aber über Sekunden pro Spielerzug. Dementsprechend ist auch die Downtime minimal. Und passend zur kurzen Spieldauer sind auch Spielvorbereitung und Regelerklärung sehr schnell abgehandelt.

 

Wiederspielbarkeit: Die Knobel- und Puzzle-Mechanismen, die kurze Spieldauer und die hohe Zugänglichkeit machen Nocturne zu einem Spiel, das man gerne öfter auf den Tisch bringt. Und die vier einzigartigen Spezialfähigkeiten der Charaktere möchte man auch mal ausprobieren. Dennoch hält die Regel zusätzliche Anreize bereit, welche die Wiederspielbarkeit weiter anfeuern. So gibt es Szenarien, Herausforderungen und Regel-Varianten. Szenarien geben Zielkarten und einen Charakter vor, mit dem alle Spieler spielen. Zudem sind für das Meistern eines Szenarios eine Minimal-Anzahl an Punkten und das Erfüllen von einer bis drei Aufgaben vorgegeben. Man kann die 20 Szenarien in der Reihenfolge ihrer Schwierigkeit von leicht bis schwer angehen. Klar, es bleibt immer dasselbe Spiel, aber mit den verschiedenen Aufgaben und Bedingungen kommt nochmal Abwechslung und Motivation auf. Die Regel-Varianten führen kleine Anpassungen ein, die man ausprobieren kann und dann für Abwechslung sorgen, z.B. eine andere Anordnung des Rasters oder andere Effekte der verfluchten Schatztruhen oder Spiegelstein-Plättchen. Wem Nocturne Spaß bereitet, der findet hier Motivation für viele weitere Partien.


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